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67. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte

16.06. - 17.06.2017, Westerland/Sylt

Ophthalmologische Warnsignale vor Entgleisung bei Kleinhirntumor

Meeting Abstract

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  • Susanna Maria Antal - Feldkirch, Österreich
  • K.D.M. Resch - Feldkirch, Österreich

Vereinigung Norddeutscher Augenärzte. 67. Tagung der Vereinigung Norddeutscher Augenärzte (VNDA). Westerland/Sylt, 16.-17.06.2017. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2017. Doc17vnda60

doi: 10.3205/17vnda60, urn:nbn:de:0183-17vnda607

Published: June 13, 2017

© 2017 Antal et al.
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Hintergrund: Die Symptomverschlechterung bei Prozessen der hinteren Schädelgrube verläuft tückisch und unberechenbar. Ophthalmologische Befunde sind oft entscheidend für die Beurteilung der Dringlichkeit.

Anamnese: Okzipitaler, ondulierender, pochender starker Kopfschmerz seit 2 Wochen, zunehmend Schwindel bei schrägversetzten Doppelbildern. Schwankender Gang, mehrfach Nasenbluten und Erbrechen. Einweisung durch die Allgemeinärztin zur Stroke Unit; ophthalmologisches und neurochirurgisches Konsil.

Befunde: Visus Ferne s.c. OD 0,9 OS 1,0 ohne RAPD. Tensio 17/14 mmHg. Massive Stauungspapillen mit radiären Papillenblutungen links. Ptosis rechts, Abduzensparese bds, Trochlearisparese links, pathologische Sakkaden, Nystagmus bei Aufblick und bds. im Seitblick. Vordere Augenabschnitte und Fundus sonst unauffällig. Verlangsamung und Sprechstörung, bds. Dysdiadochokinese, Dysmetrie.

Bildgebung: Großer zystischer Prozess im CT mit kompletter Kompression des 4. Ventrikels. MRT zeigt große Zyste mit hyperintensem Knoten. Komplettverschluss des 4. Ventrikels mit Mittellinien-Verlagerung und obstruktivem, triventrikulärem Hydrocephalus. Tonsillenherniation und Kompression der präpontinen und prämedullären Zisternen. Torsion und ventrokaudale Verlagerung des Chiasmaopticum mit Kompression des Infundibulums auf das Dorsum sellae. Zwei Hirndruckattacken, rasche Verschlechterung der Artikulation, Zunahme der Doppelbilder, Übelkeit und Erbrechen: Unmittelbare Einklemmungsgefahr!

Methoden: Zum raschen Beenden der akut progredienten ICP-Entgleisung wurde eine notfallmäßige ETV (Endoscopic Third-Ventriculo-Cisternostomy) in der Nacht durchgeführt. Dabei wurde die Liquorpassage durch eine Perforation des Infundibulums am Boden des 3. Ventrikels prämamillär in die Cisterna interpeduncularis wiederhergestellt.

Ergebnisse: Sofortiges Verschwinden der Übelkeit und der Kopfschmerzen, Doppelbilder rückläufig. Gute Erholung des Gesamtbefindens vor der darauf folgenden Tumorentfernung - ohne Liquor-Außendrainagen-Abhängigkeit, damit auch 50% weniger Liquor-Shunt-Abhängigkeit. Am längsten verbliebene Symptome: Rückläufiger horizontaler Blickrichtungs-Nystagmus in Rechtsblick>>Linksblick (5 Monate postoperativ nur noch in den Endlagen, Rechtsblick noch leicht rotatorisch), sowie gering sakkadierte Folgebewegungen.

Schlussfolgerungen:

  • Die Beachtung von ophthalmologischen Warnsignalen können Notfall-Operationen vorbeugen, wie bei Prozessen der hinteren Schädelgrube, die unberechenbar und rasant entgleisen können.
  • Die endoskopische drittventrikuläre Ventrikulo-Zisternostomie kann sehr rasch den unmittelbar lebensbedrohlichen ICP-Anstieg beheben.