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50. Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie

02.05. - 04.05.2024, München

Krebsbezogene Identität und subjektive Komorbiditäten bei Prostatakarzinom-Langzeitüberlebenden

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Charlotte Bierwirth - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Matthias Jahnen - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Valentin Meissner - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Andreas Dinkel - Klinik und Poliklinik für Psychosomatische Therapie und Psychotherapie des Klinikums München, München, Deutschland
  • Stefan Schiele - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Jürgen Erich Gschwend - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland
  • Kathleen Herkommer - Klinik und Poliklinik für Urologie, Klinikum rechts der Isar, Technische Universität München, München, Deutschland

Bayerische Urologenvereinigung. Österreichische Gesellschaft für Urologie und Andrologie. 50. Tagung der Bayerischen Urologenvereinigung und der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie. München, 02.-04.05.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. Doc24urobay73

doi: 10.3205/24urobay73, urn:nbn:de:0183-24urobay734

Published: April 26, 2024

© 2024 Bierwirth et al.
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Text

Einleitung: Ältere Prostatakarzinom (PCa)-Langzeitüberlebende nach radikaler Prostatektomie (RP) sind nicht nur durch die physischen und psychischen Auswirkungen ihrer PCa-Erkrankung, sondern auch zunehmend durch Komorbiditäten belastet. Ziel der vorliegenden Studie war es, Informationen darüber zu erhalten, wie die subjektive Bewertung des Krankheitszustandes (Vorliegen von subjektiven Komorbiditäten, Depression, Angst, Frailty) mit der krebsbezogenen Identität bei PCa-Langzeitüberlebenden nach RP assoziiert ist.

Methoden: Daten zur krebsbezogenen Identität und den subjektiven Komorbiditäten wurden im Rahmen der jährlichen Nachsorge 2021 des nationalen Forschungsprojektes „Familiäres Prostatakarzinom“ mittels Fragebögen erhoben. PCa-Langzeitüberlebende wählten eine der fünf krebsbezogenen Identitäten („Opfer“, „Krebsüberlebender“, „Patient“, „Jemand, der Krebs hatte“ oder „Krebsbezwinger“) aus. Mittels validierter Fragebögen wurden soziodemographische, klinische und psychosoziale Parameter erhoben. Um die subjektiven Komorbiditäten zu erfassen, wurde der „Self administered Comorbiditiy Questionnaire“ in der deutschen Fassung (SCQ-D) verwendet. Multivariable logistische Regressionen wurden berechnet, um mit den krebsbezogenen Identitäten assoziierte Parameter zu identifizieren.

Ergebnisse: Insgesamt 3.086 PCa-Langzeitüberlebende (Ø Alter 79,4±6,4 Jahre, Zeit seit RP 17,4±3,8 Jahre) mit durchschnittlich 2,9±1,8 subjektiven Komorbiditäten wurden eingeschlossen. 16,4% der PCa-Langzeitüberlebenden gaben an einsam zu sein und bei einem Drittel der PCa-Langzeitüberlebenden (33,0%) war ein Screening auf Frailty positiv. Die meisten PCa-Langzeitüberlebenden identifizierten sich mit den neutralen krebsbezogenen Identitäten „Jemand, der Krebs hatte“ (47,6%) und „Patient“ (26,1%). Jeder Vierte identifizierte sich entweder mit der positiv konnotierten krebsbezogenen Identität „Krebsbezwinger“ (9,3%) oder mit den negativ konnotierten krebsbezogenen Identitäten „Opfer“ (2,1%) und „Krebsüberlebender“ (14,9%). Negativ konnotierte krebsbezogene Identitäten „Opfer“ (Ø3,6) und „Krebsüberlebender“ (Ø3,4) gaben durchschnittlich mehr subjektive Komorbiditäten an als neutral konnotierte krebsbezogenen Identitäten „Patient“ (Ø2,9), „Jemand, der Krebs hatte“ (Ø2,9) und positiv konnotierte krebsbezogene Identität „Krebsbezwinger“ (Ø2,7). Die Identifizierung als „Krebsüberlebender“ war mit einem positiven Screening auf Angst (OR:1,47) assoziiert. Die Identifizierung als „Opfer“ war mit einem höheren Risiko für das Vorliegen von Einsamkeit assoziiert (OR: 3.59). Die Identifizierung als „Krebsbezwinger“ war mit einer höheren Lebensqualität assoziiert (OR:1,42). Während PCa-Langzeitüberlebende, die sich als „Patient“ identifizierten, häufiger angaben, dass Krebs ein gesundheitliches Problem für sie darstellt (OR:1,45), gaben PCa-Langzeitüberlebende, die sich als „Jemand, der Krebs hatte“ identifizierten, dies seltener an (OR:0,71).

Schlussfolgerung: Die Annahme der krebsbezogenen Identität bei PCa-Langzeitüberlebenden variiert. PCa-Langzeitüberlebende mit negativ konnotierter krebsbezogener Identität („Opfer“/„Krebsüberlebender“) sind häufiger durch Einsamkeit, Depression und Angst belastet und geben mehr subjektive Komorbiditäten an. Im Rahmen der Nachsorge bei PCa-Langzeitüberlebenden sollte der subjektiven Bewertung des Krankheitszustandes eine besondere Bedeutung beigemessen werden, um diejenigen zu identifizieren, die von psychoonkologischer Unterstützung besonders profitieren.