Article
Risiko kognitive Einschränkung – der Harnwegsinfekt als präzipitierender Faktor des Delirs
Search Medline for
Authors
Published: | April 26, 2024 |
---|
Outline
Text
Einleitung: Von den aus bayerischen Krankenhäusern im Jahr 2022 entlassenen Patientinnen und Patienten waren 45% über 65 Jahre alt, den Ergebnissen der GHoSt-Studie folgend davon 40% kognitiv beeinträchtigt bzw. 20% mit manifester Demenz oder Delir. Somit ist von etwa 220.800 Behandlungsfällen auszugehen. Das Demenzsyndrom, insbesondere Morbus Alzheimer gilt als prädisponierend für das Delir.
Gleichzeitig liegt in dieser Altersgruppe eine deutlich erhöhte Inzidenz von Harnwegsinfekten vor, die ebenfalls als auslösender bzw. im Krankenhaus als präzipitierender Faktor des Delirs gelten. Es ist hilfreich, sich insbesondere auch im Fachbereich der Urologie bzw. der Urogeriatrie mit dem Zusammenspiel von Harnwegsinfekten, Demenz und Delir auseinanderzusetzen und Maßnahmen zu deren Prophylaxe, Erkennung und Behandlung zu ergreifen.
Methode: Vor diesem Hintergrund wurde zum 01. April 2023 das Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) durch das Bayerische Staatsministerium für Gesundheit, Pflege und Prävention (StMGP) beauftragt, die Koordinierungsstelle Bayern Demenz im Krankenhaus (KBDIK) einzurichten.
KBDIK als bayernweit tätiges Kompetenzzentrum
- bietet bayerischen Krankenhäusern eine individuelle, kostenfreie Fachberatung zur und Begleitung bei der Einführung und Weiterentwicklung demenzsensibler Konzepte
- fördert den Wissenstransfer zwischen Forschung zu und Anwendung von demenzsensiblen Konzepten durch Fachtage und Symposien, Vorträge und Kongressteilnahmen sowie durch ein Netzwerk interessierter Krankenhäuser
- entwickelt eine Internetpräsenz zu Beispielen guter Praxis
Ergebnisse: Im September 2023 veranstaltete KBDIK in Ingolstadt einen ersten Fachtag zu demenzsensiblen Konzepten in bayerischen Krankenhäusern, an dem mehr als 120 Personen teilnahmen. Bei allen sechs vorgestellten Praxisbeispielen war das Thema „Delir“ in verschiedenen Fachrichtungen – darunter auch eine urologische Station – ein Schwerpunkt. Die Analyse der Fachliteratur zeigt, dass Demenz und Delir nicht ausschließlich als pflegerische Aufgabe verstanden werden können, sondern auch in den ärztlich-somatischen Fokus verschiedener Fachrichtungen rücken müssen. Die korrespondierenden Maßnahmen sind bekannt und erprobt, häufig auch evaluiert. Aktuell bestehen Kontakte zu 18 bayerischen Krankenhäusern, die bereits demenzsensible Konzepte eingeführt haben oder dies planen. KBDIK hat ein Netzwerk von 23 Demenzbeauftragten (v. a. Pflegefachpersonen) initiiert und in zehn Vorträgen Aufgaben, Ziele und Maßnahmen vorgestellt, um die Vigilanz für das Thema erhöhen.
Schlussfolgerung: Das Zusammentreffen der steigenden Inzidenz der Demenzerkrankungen sowie der Harnwegsinfekte erhöhen bei über 65-Jährigen die Wahrscheinlichkeit eines Delirs.
Als wesentliche Maßnahmen sind die Erkennung und Behandlung kognitiver Risiken und des Delirs anzusehen, dessen Behandlung auch die der somatischen Ursache (in diesem Fall des Harnwegsinfektes) einschließt. Delirprophylaxe und –behandlung umfassen zunächst vorwiegend nicht-medikamentöse Maßnahmen, die in die Krankenhausprozesse zu integrieren sind. Hier steht KBDIK zur kostenfreien Beratung bzw. Begleitung der Krankenhäuser zur Verfügung.