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Ungewöhnliche Hodentumormetastasen – die Neurofibromatose
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Published: | April 26, 2024 |
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Anfang des letzten Jahres stellte sich ein 22jähriger Patient wegen eines großen Hodentumors (LDH 2,69; AFP 349,0; ßHCG 38,6) in unserer Klinik vor. Wir führten eine radikale inguinale Orchiektomie links bei einem 12,7 cm großen gemischten nicht-seminomatösen Keimzelltumor pT1 L0 V0 Pn0 R0 (ca. 80% Teratom (postpubertärer Typ) und ca. 20% Dottesacktumor) durch. Im CT-Staging zeigten sich untypisch multiple rundliche, hypodense Raumforderungen parailiakal und im kleinen Becken, insbesondere dorsal, teils konfluierend, teils mit serösen Dichtewerten entlang des Psoas major nach kranial ziehend, rechts > links, fraglich auf Höhe LWK 5/ SWK 1 rechts bis in das Neuroforamen und einer Größe bis ca. 2 cm im Durchmesser. Via Zweitmeinungsanfrage wurde eine radikale nerverhaltende retroperitoneale Lymphadenktomie empfohlen.
Aufgrund des untypischen CT-Befundes initiierten wir zusätzlich eine MRT, in der die zystisch imponierenden multiplen Raumforderungen am ehesten als Neurofibromatose gedeutet worden. Die Tumormarker zeigten sich nach einer Woche bereits deutlich regredient (LDH 2,82; AFP 85,7; ßHCG 0,52). Eine weitere Untersuchung erbrachte dann ausgeprägte „Café-au-lait“-Flecken, die Betreuung erfolgte im Anschluss durch unsere neurologischen Kollegen. Seitens des Hodentumors erfolgte keine weitere Therapie, der Patient ist aktuell rezidivfrei.
Die häufigste Form einer Neurofibromatose ist der Typ 1 (NF1, Von-Recklinghausen-Krankheit). Sie ist eine seltene autosomal-dominante Multiorganerkrankung mit einer Inzidenz von 1:3000. Die mittlere Lebenserwartung beträgt 54,4 Jahren. Seltenere Formen sind der Typ 2 und die Schwannomatose. „Café-au-lait“-Flecken sind typische Hauterscheinungen. Innerhalb der Nervenscheiden können gutartige Tumoren wachsen. Zusätzlich können neuropsychologische Defizite entstehen. Eine kausale Therapie existiert nicht. Einen besonderen Stellenwert hat die genetische Beratung. MRT und PET sind zur Stratifizierung unerlässlich. Bei malignen peripheren Nervenscheidentumore ist die vollständige chirurgische Resektion der einzig kurative Therapieansatz. Die Fünf-Jahres-Überlebensrate unter Chemotherapie liegt unter 20%. Eine Strahlentherapie ist aufgrund des erhöhten Risikos für Zweitmalignome umstritten.
Unser Fall illustriert eindrucksvoll eine sehr seltene Differentialdiagnose für Metastasen eines Hodentumors. Untypische Befunde sollten daher immer zunächst weiter abgeklärt und interdisziplinär besprochen werden.