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Prostatakarzinom-spezifische Ängste bei Langzeitüberlebenden nach radikaler Prostatektomie: Eine Längsschnittstudie
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Published: | May 18, 2022 |
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Einleitung: Langzeitüberlebende nach radikaler Prostatektomie (RP) haben nicht nur mit den physischen Langzeitfolgen der Nebenwirkungen zu kämpfen, auch die mit der Krebserkrankung einhergehende psychische Belastung kann zu Einschränkungen der Lebensqualität führen. Ziel vorliegender Studie war die Erhebung der Prävalenz Prostatakarzinom-spezifischer Ängste (PSA-Test-spezifische Angst und Prostatakarzinom-Angst) zu den Zeitpunkten 2015 und 2020 und die Identifizierung prädiktiver Faktoren für Prostatakarzinom-spezifische Ängste bei Langzeitüberlebenden.
Methode: Prostatakarzinom-spezifische Ängste wurden an einem großen deutschlandweiten Kollektiv nach primärer radikaler Prostatektomie (n=2.903) im Längsschnitt untersucht. Dazu wurden jeweils 2015 und 2020 Prostatakarzinom-Langzeitüberlebende des nationalen Forschungsprojektes „Familiäres Prostatakarzinom“ mittels Nachsorgefragebogen kontaktiert. Diese Nachsorgefragebögen umfassten eine gekürzte Version der „Memorial Anxiety Scale for Prostate Cancer“ zur Erhebung der Prostatakarzinom- und PSA-Test-spezifischen Angst, ein Screening auf Depression und Angst (PHQ-4) und die Erfassung der Lebensqualität (EORTC QLQ-30). Entscheidungsbedauern bzgl. der RP wurde zusätzlich 2020 erhoben. Soziodemographische (Alter, Bildungsstand, Partnerschaft, Kinder), klinische (Zeit seit RP, Prostatakarzinom-Familienanamnese, Zweitmalignome, biochemisches Rezidiv, aktuelle Therapie) und psychoonkologische Parameter (Screening auf Depression und Angst, Lebensqualität und Entscheidungsbedauern) wurden auf ihre Assoziation mit der jeweiligen Zielvariable (PSA-Test-spezifische Angst bzw. Prostatakarzinom-Angst in 2020) mittels multipler linearer Regressionsanalysen untersucht.
Ergebnisse: Die Prävalenz der Prostatakarzinom-spezifischen Ängste blieb zwischen 2015 und 2020 stabil.
Bei Befragung 2020 lag das durchschnittliche Alter bei 78,8 Jahren, die mediane Zeit seit RP betrug 16,1 Jahre und 64,1% der Langzeitüberlebenden hatten 2020 einen Nachsorgezeitraum von über 15 Jahren. Die mittlere Lebensqualität lag bei 70 von 100 möglichen Punkten, 8,5% der Prostatakarzinom-Patienten hatten ein positives Screening auf Depression und 7,0% auf Angst. 10,8% gaben ein Entscheidungsbedauern 2020 bzgl. der initialen RP an.
Der stärkste Prädiktor für die beiden Prostatakarzinom-spezifischen Ängste 2020 waren die jeweilige Prostatakarzinom-spezifische Angst 5 Jahre zuvor (PSA-Test-spezifische Angst (β=0,339; p<0,001); Prostatakarzinom-Angst (β=0,556; p<0,001)).
Weitere assoziierte Faktoren für die PSA-Test-spezifische Angst 2020 waren ein kürzlich aufgetretenes (<5 Jahre) biochemisches Rezidiv (β=0,044; p=0,019), ein positives Screening auf Depression (β=0,074; p=0,008) und Angst (β=0,191; p<0,001) sowie Entscheidungsbedauern 2020 (β=0,052; p=0,006). Weitere assoziierte Faktoren für die Prostatakarzinom-Angst 2020 waren ein länger zurückliegendes (>5 Jahre) und ein kürzlich aufgetretenes biochemisches Rezidiv (β=0,054; p=0,002 bzw. β=0,054; p<0,001), niedrigerer Bildungsstand (β=-0,035; p=0,019), ein positives Screening auf Depression (β=0,072; p=0,001) und Angst (β=0,165; p<0,001) sowie eine niedrigere Lebensqualität (β=-0,076; p<0,001).
Schlussfolgerung: Prostatakarzinomspezifische-Ängste können auch viele Jahre nach der Therapie für Langzeitüberlebende eine Belastung darstellen und zu Einschränkungen der Lebensqualität führen. Eine frühzeitige Identifizierung von Risiko-Patienten durch den behandelnden Arzt ist wichtig, um ggf. eine psychoonkologische Behandlung einleiten zu können.