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Automatisierte, erklärbare Therapieempfehlungen für Urothel- und Nierenzellkarzinome mittels Künstlicher Intelligenz zur Unterstützung des urologischen Tumorboards – Ergebnisse und weiterer Ausblick des KITTU Projekts
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Published: | June 11, 2025 |
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Einleitung: Identitätsspezifische multidisziplinäre Tumorboards (MTB) entscheiden über die beste verfügbare, onkologische Behandlung für den individuellen Patienten. Zur Unterstützung dieser komplexen, evidenzbasierten Entscheidungen wurde im vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten KITTU-Projekt (16SV9053) eine Künstliche Intelligenz (KI) entwickelt, die erklärbare Behandlungsempfehlungen für Patienten mit Urothel- (UC) und Nierenzellkarzinom (RCC) generieren soll.
Methoden: Umfassende Daten von Patienten mit histologisch gesicherten UC und RCC aller Stadien (manuelle Extraktion von 109 bzw. 99 maschinenlesbare Patientenmerkmale), die in den Jahren 2015 bis 2022 MTB-Empfehlungen in der Universitätsmedizin Mainz erhielten, wurden in Softwareentwicklungs-kompatible Darstellungen umgewandelt. Ein zweistufiger Prozess wurde entwickelt, um Classifier zu trainieren, die die MTB-Empfehlungen nachahmen. Zunächst wurden übergeordnete Kategorien der Empfehlungen identifiziert (High-level) und anschließend eine detaillierte Empfehlung spezifiziert (Low-level). Es wurden verschiedene Ansätze des maschinellen Lernens (CatBoost, XGBoost, Random Forest) und des Deep Learning (SoftOrdering-1d-CNN) verwendet. Die Leistungsbewertung (accuracy weight) erfolgte anhand des F1-Scores (maximal erreichbarer Wert 1,0). Mittels SHAP (SHapley Additive exPlanations) wurden die generierten Empfehlungen nachvollziehbar gemacht.
Ergebnisse: Das KI-Training erfolgte mit 1.617 (UC) und 880 (RCC) Patientenfällen. Für das UC konnten mit CatBoost auf High-level-Ebene die höchsten F1-Scores für die Empfehlungen ‘Medikamentöse Tumortherapie’ (0,8281) und ‘Operation’ (0,8036) erzielt werden. Für die spezifische Empfehlung auf Low-level-Ebene erreichte exemplarisch der Classifier XGBoost die beste Leistung für die Klassen Gemcitabin/Platin (0,8788) und Pembrolizumab (0,7000), bei den chirurgischen Empfehlungen erreichte XGBoost für die Radikale Zystektomie einen F1-Score von 0,8611. Für das RCC zeigte CatBoost die besten Ergebnisse auf High-level-Ebene für „Medikamentöse Tumortherapie“ (0,9231) und „Nachsorge“ (0,8800). Bei den Empfehlungen für die medikamentöse Therapie auf Low-level-Ebene erzielte exemplarisch XGBoost die besten Werte für Pazopanib (1,000), Pembrolizumab (1,000), Pembrolizumab/Axitinib (0,8889) and Nivolumab (0,7778). Die F1-Scores für andere Empfehlungen waren niedriger, was auf die derzeit geringe Fallzahl zurückzuführen ist. Auf Wasserfalldiagrammen wird der Einfluss verschiedener Patientenmerkmale auf die jeweilige Empfehlung grafisch sichtbar gemacht. Für das MTB wurde ein Dashboard entwickelt, das die Ergebnisse visuell prägnant präsentiert.
Schlussfolgerung: Die entwickelte KI ist in der Lage, vollautomatische Behandlungsempfehlungen für das UC und RCC mit vielversprechenden Genauigkeitsraten zu generieren. Die von uns gewählte KI-Architektur ist lernfähig und in der Lage, die Empfehlungen medizinisch verständlich und erklärbar zu präsentieren. Die geringe Patientenzahl der Studie bei einer großen Breite an verfügbaren Therapieoptionen limitiert aktuell noch die KI-Genauigkeit bei weniger häufig durchgeführten Therapien. Dies wird sich zukünftig mit einer zunehmenden Patientenzahl voraussichtlich verbessern. Aktuell werden klinische Studiendaten integriert als ergänzende, evidenzbasierte Erklärbarkeitskomponente. Für die weitere Validierung und Entwicklung wird eine multizentrische Studie geplant.