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Seltenes bei seltenem: Adenokarzinom der Samenblase bei Zinner-Syndrom. Ein Fallbericht
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Published: | June 11, 2025 |
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Einleitung: Das Zinner-Syndrom ist eine seltene embryonale Fehlbildung des Wolff’schen Gangs, welche mit der typischen Symptomtrias von ipsilateraler Nierenagenesie, Obstruktion des Ductus ejaculatorius sowie Samenblasenzyste einhergeht. Weltweit wurden bislang ca. 200 Fälle beschrieben.
Beim primären Adenokarzinom der Samenblase handelt es sich ebenfalls um eine seltene Tumorentität, welche vom infiltrierenden Adenokarzinom der Prostata, der Harnblase oder des Rektums abzugrenzen ist. In der Literatur wurden bislang weniger als 100 Fälle beschrieben.
Wir berichten hier über einen 68-jährigen Patienten, der beide Raritäten vereint.
Methode: Im Rahmen der urologischen Vorsorge zeigte sich neben einer bekannten Nierenagenesie links eine unklare, zystische Raumforderung dorsal der Prostata. Die weitere Abklärung mittels MRT Becken ergab eine malignitätsverdächtige, kontrastmittel-aufnehmende Struktur im Bereich der linken Samenblase/Ductus deferens sowie einen atrophen Hoden links. In einem ergänzend durchgeführten FDG-PET-CT bestätigte sich der Malignitätsverdacht bei erhöhter Stoffwechselaktivität des Befundes, zudem zeigte sich ein vermehrt stoffwechselaktiver, metastasensuspekter Herd parakolisch am Colon descendens. PSA, AFP und β-HCG als Tumormarker für Prostata- bzw. Hodentumore waren normwertig.
Die interdisziplinäre Tumorboardvorstellung ergab die Empfehlung zur operativen Resektion der Befunde. Es erfolgte die DaVinci Roboter-assistierte lap. Resektion des Samenstrangs und der Samenblase links sowie die Resektion des PET-positiven parakolischen Herdes links. Eine offene inguinale Ablatio testis links wurde in gleicher Sitzung durchgeführt. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos.
Ergebnisse: Histologisch zeigte sich ein mäßig differenziertes, papillär aufgebautes und überwiegend intraluminal wachsendes Adenokarzinom der Samenblase, welches vollständig entfernt wurde. Der PET-positive Herd am Colon descendens erwies sich als Fettgewebsnekrose mit begleitender granulomatöser Fremdkörperreaktion.
Wir empfahlen die klinische und bildmorphologische Nachsorge mittels MRT Becken sowie ggf. ergänzend FDG-PET-CT in 6 Monaten.
Aufgrund der Seltenheit der Entität existiert keine offiziell gültige Stadieneinteilung und dementsprechend auch keine Stadien-orientierte Empfehlung zur Nachsorge oder ggf. adjuvanten Therapie.
Schlussfolgerungen: Bei sonographisch imponierender Samenblasen-Zyste in Verbindung mit einer Agenesie der ipsilateralen Niere sollte an das Vorliegen eines Zinner-Syndroms gedacht werden. Bei unklarer Samenblasenzyste ist eine weiterführende kontrastmittelgesteuerte Schnittbildgebung sinnvoll, um das mögliche Vorliegen eines Malignoms im urogenitalen Bereich weiter abzuklären.
Bei Malignitätsverdacht sollte die frühzeitige operative Resektion des Befundes erfolgen, da bei lokal fortgeschrittenen Tumoren der Samenblase eine Ausweitung der Resektion im Sinne einer Zystoprostatektomie und ggf. Rektumresektion sowie ggf. adjuvante Radiatio erforderlich werden kann und dann grundsätzlich eine ungünstige Prognose besteht.