Article
Interdisziplinäre Herausforderung: Renale pseudotumoröse Raumforderung als seltene Manifestation der IgG4-assoziierten Erkrankung
Search Medline for
Authors
Published: | June 11, 2025 |
---|
Outline
Text
Einleitung: IgG4-assoziierte Erkrankungen (IgG4-RD) sind eine Gruppe von systemischen, chronisch-fibromatösen Entzündungen, die charakteristisch IgG4-positiven Plasmazellen in dem betroffenen Gewebe aufweisen. Die Inzidenz liegt bei ca. 1:100.000/Jahr. Meist sind Männer mittleren oder höheren Alters betroffen, vor allem im asiatischen oder südamerikanischen Raum. Am häufigsten ist das Pankreas betroffen. Seltener sind renale Manifestationen beschrieben. Aktuell existieren keine spezifischen Biomarker. Fibrotische Organveränderungen, erhöhte IgG4-Serumspiegel und vermehrte IgG4-Plasmazellen im histologischen Präparat sind die drei diagnostischen Hauptkriterien. Bei Symptomatik ist die systemische Gabe von Glukokortikoiden indiziert.
Methode: Wir präsentieren den Fall eines 48-jährigen Patienten, der initial mit diffusen Oberbauchbeschwerden und sonographischem V.a. auf eine tumoröse Raumforderung des linken Nierenoberpols vorstellig wurde. Beim Vorliegen einer atraumatischen Rippenfraktur rechts, einer isolierten CRP-Erhöhung sowie einem ungewollten Gewichtsverlust stand zunächst der V.a. ein Nierenkarzinom im Raum. Computertomographisch zeigte sich jedoch eine mehrfach, septierte, zentral liquide Formation mit wandverdickter Kapsel (ca. 11 cm messend) am linken Oberpol, welche als infizierte Zyste oder Abszess interpretiert wurde. Es erfolgte die Einlage von insgesamt zwei CT-gesteuerten Drainagen sowie eine Antibiose mit Amoxicillin/Clavulansäure. Die mikrobiologischen als auch urinzytologischen Befunde waren komplett unauffällig. Bei anhaltender Förderung von weißlich putridem Material über die Drainagen, ansteigendem CRP und persistierendem Verhalt im Verlaufs-CT, erfolgte letztendlich die lumbale Nierenfreilegung mit Eröffnung der „Abszesshöhle“ und Exzision der Abszessmembranen. Der postoperative Verlauf war bis auf eine kleine Wundheilungsstörung problemlos.
Ergebnisse: Der intraoperative Schnellschnitt gab keinen Anhalt für Malignität. Im endgültigen histologischen Befund wurden herdförmige IgG4-positive Plasmazellen detektiert, die histomorphologisch mit einer IgG4-assoziierten Erkrankung vereinbar sind. Serologisch zeigte sich kein erhöhter IgG4-Titer. Im FDG-PET-CT bestätigte sich ein stark angehobener regionaler Glucosemetabolismus im Bereich des linken Nierenoberpols. Weitere Manifestationen insb. einer Pankreatitis zeigten sich nicht. Von Seiten der Rheumatologen wurde bei der lokalisierten und operativ behandelten Problematik zunächst eine Verlaufskontrolle und Neubewertung in 3 Monaten empfohlen. Von einer Systemtherapie wurde zunächst Abstand genommen.
Schlussfolgerung: IgG4-RD zeigen eine zunehmende Inzidenz. Häufig werden Patienten mit IgG4-assoziierten Pseudotumoren unter dem Verdacht eines Malignoms großen operativen Eingriffen unterzogen – mit teils schwerwiegenden Komplikationen – bevor die korrekte Diagnose gestellt werden kann, da dies meist erst histologisch anhand des postoperativ vorliegenden Präparats erfolgen kann. Das Bewusstsein für das mögliche Vorliegen einer IgG4-RD sollte gestärkt werden, um mittels Studien bessere Algorithmen entwickeln zu können, die es erlauben die Diagnose schneller und spezifischer zu stellen und so unnötige operative Eingriffe zu vermeiden.