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64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

19.-22.06.2024, Freiburg

Unterschiede in der radiologischen Beurteilung retroperitonealer Lymphknoten bei Hodentumorpatienten: Einfluss auf das klinische Stadium und die Therapie?

Meeting Abstract

  • Angelina Strauch - Klinik für Urologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • K. Nestler - Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • J. Schoch - Klinik für Urologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • L. Kubitscheck - Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • S. Waldeck - Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • H. Schmelz - Klinik für Urologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz
  • T. Nestler - Klinik für Urologie, Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz; Klinik für Urologie, Uro-Onkologie, spezielle urologische und roboter-assistierte Chirurgie, Universitätsklinikum Köln

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Freiburg, 19.-22.06.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV10.2

doi: 10.3205/24swdgu91, urn:nbn:de:0183-24swdgu916

Published: May 13, 2024

© 2024 Strauch et al.
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Einleitung: Die nationalen und internationalen Leitlinienempfehlungen (DGU, onkopedia, EAU, ESMO, AJCC, RECIST 1.1) zum Staging bösartiger Keimzelltumore des Hodens sind nicht einheitlich. Sie unterscheiden sich sowohl in der radiologischen Messebene (transversal, sagittal, koronar) als auch in der Definition des Lymphknotendurchmessers (Kurzachsendurchmesser (SAD) oder Längsachsendurchmesser (LAD)) der zu erfassenden retroperitonealen Lymphknotenmetastasen. Dies könnte entweder zu einer Untertherapie der Patienten mit erhöhtem Rezidivrisiko oder zu einer Übertherapie mit unnötigen Akut- und Langzeittoxizitäten einer nicht notwendigen Chemo- oder Strahlentherapie führen. Ziel dieser Studie war daher die Untersuchung des Einflusses der unterschiedlichen Lymphknotenmessungen auf das klinische Stadium (cS) sowie die Therapie der Patienten.

Methoden: In dieser explorativen, retrospektiven Studie wurden 154 Hodentumorpatienten im cSI erfasst, welche zwischen 2000–2021 in der Klinik für Urologie des Bundeswehrzentralkrankenhauses Koblenz mittels Orchiektomie ohne adjuvante Therapie behandelt wurden und von denen ein Follow-up von mind. 24 Monaten vorlag. Das cSI wurde über einen SAD <10 mm in der Transversalebene definiert. Der größte Lymphknoten im transversalen SAD wurde in allen drei Messebenen im SAD sowie im LAD ausgemessen und statistisch analysiert.

Ergebnisse: Das Gesamtüberleben war 100%, die Rezidivfreiheit betrug 82% bei einer medianen Follow-Up-Zeit von 83 Monaten. Basierend auf dem transversalen SAD (gemäß RECIST 1.1) wurden alle Patienten als cSI klassifiziert. Bei Ausmessung der retroperitonealen Lymphknoten im transversalen LAD (gemäß DGU) oder im größten LAD in beliebiger Messebene (gemäß onkopedia, EAU, ESMO und AJCC) würden bereits signifikant mehr Patienten dem cSIIA (0% vs. 38% vs. 52%) oder sogar dem cSIIB (0% vs. 1% vs. 25%) zugeordnet (p<0,001). Eine Übertherapie würde für den transversalen SAD, den transversalen LAD sowie den größten LAD in beliebiger Messebene bei jeweils 0% vs. 31% vs. 61% der Patienten vorliegen, eine Untertherapie würde entsprechend 18% vs. 10% vs. 2% betreffen (p<0,001). Bei einer stadiengerechten Therapie für die gesamte Studienkohorte würden 34 mögliche Zyklen Chemotherapie (PEB oder Carboplatin) bei Ausmessung im transversalen SAD bis zu 361 Zyklen Chemotherapie bei Ausmessung im größten LAD in beliebiger Messebene gegenüberstehen.

Schlussfolgerung: Die unterschiedlichen Leitlinien führen zu einer starken Diskrepanz der cS und Therapie der Hodentumorpatienten. Aufgrund des Gesamtüberlebens der Studienkohorte von 100% und unter Berücksichtigung der Risiken der Über- und Untertherapie wird ausdrücklich die radiologische Beurteilung der Lymphknotenmetastasen gemäß RECIST 1.1 empfohlen. Eine Validierung der Daten in einer prospektiven Studie wird geplant, sodass die Leitlinienempfehlungen dahingehend künftig angepasst und insbesondere standardisiert werden sollten.