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64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

19.-22.06.2024, Freiburg

Das Wunderlich-Syndrom, ein Fallbericht

Meeting Abstract

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  • Aileen Satari - STGAG Frauenfeld
  • J. Johannsen - STGAG Frauenfeld
  • T. Herrmann - STGAG Frauenfeld

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Freiburg, 19.-22.06.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV8.4

doi: 10.3205/24swdgu74, urn:nbn:de:0183-24swdgu745

Published: May 13, 2024

© 2024 Satari et al.
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Einleitung: Spontane nicht-traumatische Nierenblutungen sind in der Literatur selten zu finden. Akute Blutungen, welche sich in den subkapsulären und perirenalen Raum ausbreiten, werden unter dem Begriff „Wunderlich-Syndrom“ zusammengefasst. Die Ätiologie unterteilt sich in neoplastische (57%) und nicht-neoplastische Ursachen. Am häufigsten tritt das Angiomyolipom auf (74% der Neoplasie), gefolgt von der Vaskulitis Polyarthritis nodosa (75% der nicht-neoplastischen). An dritter Stelle steht das maligne Nierenzellkarzinom (12% der Neoplasie). Gefässmalformationen, Aneurysmen und Nephritiden sind selten.

Methode: Wir berichten über einen 56-jährigen Patienten, welcher mit plötzlich aufgetretenen Oberbauchschmerzen rechts hospitalisiert wurde. CT-grafisch zeigte sich ein akutes retroperitoneales Hämatom der rechten Niere mit Überschreitung der Gerota-Faszie und Komprimierung der Vena cava inferior. Wir entschieden uns bei Kreislaufinstabilität für ein notfallmässiges arterielles Coiling durch die Kollegen der interventionellen Radiologie. Nach zweimaliger Intervention konnten die Blutungsquellen am unteren und am oberen Nierenpol gestoppt werden. Postinterventionell initiale Stabilisierung des Patienten. Bei erneuten Hämoglobin-Abfall zeigte sich im Computertomogramm eine zunehmende Hämatom-Organisation und der Verdacht einer Sickerblutung. Die intraoperative Exploration und Hämatomausräumung konnte jedoch keine akute Blutungsquelle darlegen. Im Operationsverlauf zeigten sich diffuse Blutungen des Nierenparenchyms, welche sich nicht kontrollieren liessen. Es erfolgte die Nephrektomie. Weitere 8 Tage später kam es zu einem erneuten Hämoglobin-Abfall. Erneut stellte sich die Indikation zur operativen Exploration. Bei der Intubation kam es zur massiven Aspiration. Intraoperativ zeigte sich lediglich eine kleine Sickerblutung retroperitoneal. Es erfolgt ein Packing mit Bauchtüchern sowie ein passagerer Bauchdeckenverschluss i.R. eines Abdomen apertum. Bei hämorrhagischem Schock, schwerem ARDS sowie beginnenden Multiorganversagen erfolgten die Einlage einer veno-arterielle-ECMO und die Verlegung in ein Zentrumsspital. Dort gelang eine ausreichende Stabilisierung der kardiopulmonalen Situation nicht. Der Patient verstarb an einem Multiorganversagen mit ARDS, pulmonaler Blutung, ausgedehnter Pneumonie, akuten Leberversagen, schwerer Koagulopathie und anurischen Nierenversagen 16 Tage nach Auftreten der unklaren Blutung der rechten Niere.

Ergebnisse: Histologisch konnte im Nephrektomiepräparat keine zugrundeliegende Ursache festgestellt werden, es zeigte sich lediglich ein papilläres Adenom von 4 mm Durchmesser. Dieses konnte jedoch die Kriterien eines Nierenzellkarzinom nicht erfüllen.

Schlussfolgerung: Hier präsentiert sich ein seltener Fall eines Wunderlich-Syndrom, ohne das die genaue Ätiologie histologisch festgestellt werden konnte. Während die Therapie hier nach frustraner minimalinvasiven Embolisation (TAE) operativ erfolgte, kann bei hämodynamisch stabilen Patienten auch ein vorerst konservativer Therapieversuch erfolgen (29% der Fälle). Bei Vorliegen eines hämorrhagischen Schocks bzw. bei Verdacht einer Malignität bietet jedoch die operative Chirurgie das Mittel der Wahl (28%). Die Mortalitätsrate liegt zwischen 2,3–14%, abhängig der Ätiologie und dem Therapiemanagement.