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Pseudozirrhose der Leber als seltene Komplikation von Enfortumab Vedotin bei einem Patienten mit disseminierten Lebermetastasen
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Published: | May 13, 2024 |
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Einleitung: Enfortumab Vedotin (EV) ist ein Antikörper-Wirkstoff-Konjugat (ADC) und eine etablierte Behandlungsoption für systemisch vorbehandelte Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem Urothelkarzinom. Aus den bisherigen Studien ist wenig über das Behandlungsansprechen und unerwünschte Ereignisse bei Patienten mit ausgeprägten Lebermetastasen bekannt.
Material und Methoden: Hier präsentieren wir einen Fallbericht über einen Patienten, der nach der EV-Behandlung eine Leberpseudozirrhose entwickelte. Darüber hinaus führten wir eine systematische Suche in MEDLINE, der Cochrane Library und Embase im Zeitraum ab 2020 nach den Suchbegriffen „Zirrhose“ oder „Aszites“ in Verbindung mit „Enfortumab Vedotin“ durch.
Ergebnisse: Ein 64-jähriger Mann mit Urothelkarzinom des oberen Harntrakts sowie Knochen-, Lungen-, Lymphknoten- und disseminierten hochvolumigen Lebermetastasen begann im Mai 2023 mit der EV-Behandlung in einer Standarddosierung von 1,25 mg/kg Körpergewicht (Tag 1+8+15 eines 28-Tage-Zyklus), nachdem er zuvor auf Gemcitabin/Carboplatin und Pembrolizumab eine Krankheitsprogression erlitten hatte. Vor Beginn der Behandlung wurde der urotheliale Ursprung histologisch durch eine Leberbiopsie bestätigt. Bei Behandlungsbeginn zeigte der Patient einen verminderten Allgemeinzustand (ECOG 2), Grad 2 Müdigkeit und Grad 1 tumorassoziierte Bauchschmerzen. Nach dem Start der EV-Behandlung berichtete der Patient über eine schnelle Schmerzlinderung und verbessertes Wohlbefinden. Die Computertomographie (CT) nach 8 Wochen zeigte eine bemerkenswerte Reaktion in allen oben genannten metastatischen Lokalisationen, aber auch radiologische Merkmale einer Leberzirrhose mit einem neu aufgetretenen umfangreichen 4-Quadranten-Aszites. Vor und nach der EV-Behandlung wurde eine 3D-CT-Lebervolumetrie durchgeführt, die einen massiven Rückgang des Lebervolumens von 3.177 ml auf 1.388 ml sowie von 7 beispielhaften Lebermetastasen von 74 ml auf 4,2 ml zeigte. Eine Messung des hepatischen venösen Druckgradienten (HVPG) ergab eine leichte portale Hypertonie mit einem HVPG von 7 mmHg. In der Histopathologie, die von der transjugulären Leberbiopsie stammte, wurde eine Parenchymschädigung mit Hepatozytenverlust diagnostiziert, höchstwahrscheinlich aufgrund von Medikamententoxizität, während eine echte Leberzirrhose und eine durch Pembrolizumab verursachte Autoimmunhepatitis ausgeschlossen werden konnten. Nachdem der Aszites spontan verschwunden war, wurde EV 6 Wochen später in einer niedrigeren Dosierung von 0,75 mg/kg Körpergewicht wieder initiiert. Bislang wurden weitere drei Zyklen EV angewendet, ohne dass sich neuer Aszites oder andere Anzeichen von Leberversagen bildeten. Unsere systematische Literatursuche ergab keine Treffer.
Schlussfolgerungen: Die Leberpseudozirrhose ist eine seltene Komplikation der EV-Behandlung, die bei Patienten mit ausgeprägten, disseminierten Lebermetastasen auftreten kann, da bei diesen Patienten normales Lebergewebe möglicherweise übermäßig dem ADC ausgesetzt ist. EV sollte bei diesen Patienten vorsichtig verabreicht werden und eine Dosisreduktion kann eine Strategie zur Verringerung der ADC-induzierten Hepatotoxizität sein.