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64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

19.-22.06.2024, Freiburg

Sterile Leukozyturie – manchmal ist es anders als gedacht!

Meeting Abstract

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  • Ralph Burger - Klinik für Kinder- und rekonstruktive Urologie Universitätsmedizin Mannheim
  • R. Stein - Klinik für Kinder- und rekonstruktive Urologie Universitätsmedizin Mannheim
  • T. Miethke - Institut für Mikrobiologie und Hygiene Universitätsmedizin Mannheim
  • N. Younsi - Klinik für Kinder- und rekonstruktive Urologie Universitätsmedizin Mannheim

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Freiburg, 19.-22.06.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV4.3

doi: 10.3205/24swdgu33, urn:nbn:de:0183-24swdgu333

Published: May 13, 2024

© 2024 Burger et al.
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Hintergrund: Von einer sterilen Leukozyturie spricht man, wenn bei >10 Leukozyten/ml Urin kein Bakteriennachweis möglich ist. Ursachen dafür können beispielsweise eine Urogenitaltuberkulose, aber auch atypische Erreger, Pilze sowie Parasiten sein. Ein Erregernachweis gelingt häufig nur mit zielgerichteten Untersuchungen. Hier stellen wir einen solchen Fall mit kompliziertem Verlauf vor, der sich letztendlich als Mykoplasmeninfektion des Urogenitaltraktes herausstellte.

Fallbericht: Eine 35-jährige Patientin mit juveniler Polyarthritis wurde aufgrund schwerer, rezidivierender Pyelonephritiden in unserer Klinik vorstellig. Im durchgeführten Miktionszysturethrogramm (MCU) zeigte sich ein beidseitiger vesikoureterorenaler Reflux, so dass im Verlauf eine beidseitige Refluxtherapie erfolgte. Postoperativ war der Verlauf durch rezidivierende symptomatische Pyurien sowie ausgeprägte kutane und vesikale Wundheilungsstörungen verkompliziert, worunter sich der Allgemeinzustand der Patientin zunehmend verschlechterte. Im Intervall wurde deshalb eine Zystektomie mit Anlage einer inkontinenten Harnableitung durchgeführt. Auch hiernach kam es zu multiplen Komplikationen bis hin zur eitrigen Peritonitis mit Notwendigkeit einer abdominellen VAC-Versorgung und erneuter ausgeprägter Wundheilungsstörung. Zu keinem Zeitpunkt gelang ein bakterieller Keimnachweis in den angelegten Kulturen und Abstrichen. Wiederholt erfolgte eine ausgedehnte interdisziplinäre Abklärung. Erstmalig gelang in den Abstrichen im Rahmen der VAC-Versorgung der Nachweis von Mykoplasmen hominis mittels PCR. Nach Beginn einer Therapie mit Fluorchinolonen kam es nach wenigen Tagen bereits zu einer deutlichen Besserung der Befunde. Im Intervall war ein komplikationsloser Verschluss des Abdomens mit unauffälliger Wundheilung möglich. Die Patientin konnte nach insgesamt 212 Tagen in die ambulante Versorgung entlassen werden.

Diskussion: Bei steriler Leukozyturie sollten differenzialdiagnostisch neben Tuberkulose und Parasiten immer auch atypische Erreger wie Mykoplasmen in Betracht gezogen werden. Da der kulturelle Nachweis dieser Organismen schwierig ist, haben sich Nukleinsäureamplifikationstechniken wie die PCR als Standardnachweis etabliert. Zur Behandlung einer Mykoplasmen-Infektion können Makrolide oder Fluorchinolone herangezogen werden. Die optimale Behandlungsdauer wurde bisher noch nicht definiert.

Schlussfolgerung: Harnwegsinfektionen mit Mykoplasma hominis sind selten. Empirische antimikrobielle Mittel sind in der Regel nicht wirksam und die Anzucht und Identifizierung dieser atypischen Bakterien ist schwierig. Unser Fall unterstreicht die differenzialdiagnostische und interdisziplinäre Beurteilung sowie die Notwendigkeit, klassische mikrobiologische Routinen mit modernen molekularen Techniken zu kombinieren, um in komplizierten Fällen eine sichere Diagnose zu stellen und komplikative Verläufe wie den unseren zu vermeiden.