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64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

19.-22.06.2024, Freiburg

„Urethral rest“ vor Harnröhrenplastik: Evidenzbasierte Empfehlung?

Meeting Abstract

  • Mikhail Borisenkov - Sana Klinikum Hof
  • J. Beier - Sana Klinikum Hof
  • H. Keller
  • A. Pandey - Sana Klinikum Hof

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 64. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Freiburg, 19.-22.06.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2024. DocV3.10

doi: 10.3205/24swdgu30, urn:nbn:de:0183-24swdgu307

Published: May 13, 2024

© 2024 Borisenkov et al.
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Einleitung: Die EAU-Leitlinie empfiehlt „Urethral rest“ für mindestens 3 Monate nach jeglicher Manipulation an der Harnröhre vor einer Harnröhrenplastik, um die Wahl des richtigen operativen Verfahrens zu optimieren. Obwohl das „Level of evidence“ sowie „Strength rating“ niedrig ist, wird diese Empfehlung im Alltag praktiziert und vor allem weitergegeben. Unser Ziel war, die Ergebnisse der Harnröhrenplastik mit Mundschleimhaut bei den obliterativen Strikturen der bulbären Harnröhre ohne „Urethral rest“ anhand einer retrospektiven Analyse der Patientenakte zu untersuchen.

Methode: Seit 04/1994 bis 09/2023 wurden 2.008 Patienten operiert und Follow-up (FU) Daten prospektiv erhoben. Nur die Patienten nach einzeitiger ventral-onlay Harnröhrenplastik mit max. Ausdehnung bis 10 cm nach distal vom Sphinkter und vollständigem Datensatz wurden in dieser Studie eingeschlossen. Nach hausinternem Protokoll hatten alle Pat. 3–4 Wochen vor der Harnröhrenplastik eine Sicht-UTI erhalten, somit alle ohne „Urethral rest“. Als FU wurde Uroflow & Restharnmessung prospektiv standardisiert 3-monatlich für 2 Jahre und danach jährlich auf Dauer empfohlen. Statistik mit SPSS 26, Chi Square.

Ergebnisse: Insgesamt 494 Pat. mit FU, davon laut Dataset bei 153 keine Information über Flow oder DK/CF/Bougierung präoperativ (N=341, 69%). Die Patienten wurden in 3 Gruppen eingeteilt: „frisches Harnröhrentrauma“ (Pat. mit Bougierung innerhalb 6 Wochen oder liegendem DK, DK-Gruppe, N=42/341, 12,3%); „obliterative Striktur“ (Pat. mit CF-Anlage bei Harnverhalt oder max. Flow <5 ml/s, CF-Gruppe, N=112/341, 32,8%); „nicht-obliterative Striktur“ (Pat. mit Flow >5 ml/s ohne Bougierung innerhalb 6 Wochen, Flow-Gruppe, N=187/341, 54,8%).

In der DK-Gruppe traten 7/42 (16,7%) Strikturrezidive auf, in der CF-Gruppe 10/112 (8,9%) und in der Flow-Gruppe 9/187 (4,8%). Der Unterschied war statistisch signifikant lediglich zwischen DK-Gruppe und Flow-Gruppe (p=0,019). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen CF-Gruppe und anderen zwei Pat.-Gruppen (DK-Gruppe p=0,24; Flow-Gruppe p=0,22.

Schlussfolgerung: In unserer Patientenkohorte hatte kein einziger Patient „Urethral rest“ bekommen, sodass wir dieses bei hoher Erfolgsrate der Harnröhrenplastik nicht als Risikofaktor für Strikturrezidiv anerkennen können. Auf Grund von sehr dürftigen Datenlage kann aber auch im Allgemeinen das sog. „Urethral Rest“ nicht als Empfehlung praktiziert werden.

Tabelle 1 [Tab. 1]