Article
Psychosoziale Belastung von 4.290 Patienten nach Operation eines Prostata-, Harnblasen- oder Nierenkarzinoms während der Corona-Pandemie
Search Medline for
Authors
Published: | May 13, 2024 |
---|
Outline
Text
Einleitung: Die Herausforderungen, die mit der Bewältigung der Corona-Pandemie einhergingen, bedeuteten für viele Patienten eine zusätzliche Belastung. Daher soll evaluiert werden, wie sich die psychosoziale Belastung von Patienten nach operativer Therapie urologischer Karzinome der Prostata (PCA), Harnblase (BCA) und Niere (NCA) während der Corona-Pandemie in der uroonkologischen Anschlussrehabilitation (AR) darstellte.
Methode: Analysiert wurden die Daten aller AR-Patienten des Urologischen Kompetenzzentrums für die Rehabilitation (UKR) der Kliniken Hartenstein im Jahr 2021. Bei den BCA-Patienten wurde in der Analyse auf das Ileumconduit (IC) bzw. die Ileumneoblase (INB) fokussiert. Die psychosoziale Belastung wurde zu Beginn und am Ende der AR mit Hilfe des validierten Fragebogens zur Belastung Krebskranker (FBK-R23) evaluiert. Ein Gesamtscore ≥34 im FBK-R23 entspricht einer hohen psychosozialen Belastung. Multivariable Regressionsanalysen wurden durchgeführt, um unabhängige Prädiktoren für eine hohe psychosoziale Belastung zu identifizieren.
Ergebnisse: Insgesamt wurden 4.290 Patienten ≤100 Tage postoperativ zur AR aufgenommen (PCA 3.413; BCA 563; NCA 314). PCA-Patienten zeigten im pathohistologischen Befund zu 38,9% ein lokal fortgeschrittenes Tumorstadium ≥pT3, zu 10,8% eine Lymphknotenmetastasierung und zu 18,6% einen positiven Resektionsrand (R1). Die BCA-Patienten (58,3% IC bzw. 41,7% INB) hatten zu 32,4% ein Tumorstadium ≥pT3 und zu 18,2% Lymphknotenmetastasen. Bei den NCA-Patienten erfolgte zu 48,4% eine radikale Nephrektomie bzw. zu 51,6% eine nierenerhaltende Tumorresektion. Sie hatten zu 22,9% ein Tumorstadium ≥pT3. Zu Beginn der AR zeigten 20,4% der PCA-, 32,9% der BCA- und 32,0% der NCA-Patienten eine hohe psychosoziale Belastung. Psychoonkologische Einzelgespräche nahmen sie zu 32,3%, 37,3% bzw. 40,4% (nach Nephrektomie 34,2% bzw. nach Nierenteilresektion 46,3%; p=0,029) in Anspruch. Der Median des Gesamtscore des FBK-R23 reduzierte sich im Zuge der AR jeweils signifikant (p<0,001), jedoch reduzierte sich der Anteil der Patienten mit einer hohen psychosozialen Belastung zum Ende der AR nur bei den PCA- (13,6%; p<0,001) und BCA-Patienten (22,4%; p<0,001), nicht jedoch bei den NCA-Patienten (28,7%; p=0,310). Die multivariable logistische Regressionsanalyse identifizierte als Prädiktoren für eine hohe psychosoziale Belastung bei allen Tumorentitäten ein jüngeres Alter, bei den PCA-Patienten zudem die R1-Situation, bei den BCA-Patienten zudem die Anlage eines IC sowie bei den NCA-Patienten zudem die radikale Nephrektomie.
Schlussfolgerung: Die aktuelle Studie zeigt Unterschiede im Ausmaß der postoperativen psychosozialen Belastung und in der Inanspruchnahme supportiver psychoonkologischer Einzelgespräche zwischen PCA-, BCA- und NCA-Patienten. Patienten nach Nierenteilresektion nahmen am häufigsten Einzelgespräche in Anspruch. Die psychosoziale Belastung kann meist im Zuge einer AR deutlich verbessert werden, jedoch sollten Risiko-Patienten auf weitere ambulante Hilfsangebote und auf die Option einer erneuten Rehabilitationsmaßnahme hingewiesen werden.