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Seltene Folge einer leitliniengerechten kurativen Therapie eines Prostatakarzinoms – das radiogen induzierte Sarkom
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Published: | June 20, 2023 |
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Sarkome sind seltene, maligne Tumore mit einer Inzidenz von ca. 6.500/a. Ihre Prävalenz beträgt 1% bei Erwachsenen und 7% bei Kindern. Immunsupression und virale Infektionen (HIV, Epstein Barr Virus etc.) spielen in der Entstehung eine große Rolle (HHV 8: in >90% aller Kaposi-Sarkome nachweisbar). Das Sarkomrisiko erhöht sich nach Chemo- (4,9fach) und/oder Radiotherapie, (3,2fach). Hier besteht eine signifikante Korrelation zwischen Dosis und Effekt. Daten zu einer möglichen Induktion durch Radiatio eines Prostatakarzinoms sind aktuell nicht existent, es wurden lediglich Einzelfallberichte publiziert. Ende 2018 stellte sich ein 68-jähriger Mann zur Abklärung eines sukzessiven PSA-Anstieges nach zweimaliger negativer Prostatabiopsie bei uns vor. Bei einem iPSA von 12,69 ng/ml gelang der Nachweis eines Adenokarzinoms Gleason 7a. Nach einer erweiterten internistischen OP-Vorbereitung führten wir im März 2019 eine radikale Prostatektomie durch. Aufgrund des histologischen Ergebnisses (pT3a pN0 R1 Gleason 8) und einer PSA-Persistenz wurde eine adjuvante Bestrahlung (64,80 Gy) initiiert. 6 Monate später erwies sich eine neoplastische Läsion im kleinen Becken links für eine Harntransportstörung ursächlich. Eine Biopsie wies eine maligne mesenchymale Neoplasie ohne Liniendifferenzierung im Sinne eines undifferenzierten Spindelzellsarkoms G3 nach. Nach Anbindung an ein Sarkomzentrum und einer induktiven Chemotherapie erfolgte Anfang 2021 die R0-Resektion. Ein Jahr später zeigte sich erneut ein metastasensuspekter Befund im linken Mittelbauch. Nach Rücksprache mit dem Sarkomzentrum führten wir eine en-bloc-Entfernung mit erneutem Nachweis eines undifferenzierten Spindelzellsarkoms G3 durch. Unser Patient befindet sich seitdem in unserer Nachsorge und ist bis dato tumorfrei. Die histologische Sicherung eines Sarkoms ist bei klinischem Verdacht stets notwendig. Dies kann per Stanz- oder Inzisionsbiopsie erfolgen, Feinnadelbiopsien sollten vermieden werden. Der Biopsiezugang bedarf nach Diagnosesicherung jedoch einer ausgedehnten Resektion. Ein R0-Status sollte immer angestrebt werden. Außerdem besteht die Option einer neoadjuvanten, adjuvanten oder palliative Radio- und Chemotherapie, die Anbindung an ein Zentrum ist unerlässlich. Bei einer leitliniengerechten Initiierung einer Strahlentherapie sollte der Patient immer über das erhöhte Risiko eines Zweitmalignoms aufgeklärt werden.