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Lebensqualität, psychosoziale Belastung und Rückkehr zur Arbeit zwei Jahre nach radikaler Zystektomie (RZE) aufgrund eines Harnblasenkarzinoms (BCa)
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Published: | June 20, 2023 |
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Einleitung: Für Patientinnen und Patienten im erwerbsfähigen Alter ist die berufliche Reintegration oftmals von zentraler Bedeutung für eine erfolgreiche Krankheitsbewältigung und eine möglichst umfassende Wiedereingliederung in das familiäre und soziale Umfeld. Es wurde evaluiert, wie sich die Lebensqualität, die psychosoziale Belastung und die Berufstätigkeit zwei Jahre nach RZE und Anlage eines Ileum Conduit (IC) oder einer Neoblase (NB) darstellen.
Methode: Prospektiv wurden 230 präoperativ berufstätige Patienten im Zeitraum von 04/2018 bis 12/2019 nach RZE und IC- oder NB-Anlage mit Beginn der Anschlussrehabilitation (AHB) in die Studie eingeschlossen. Im letzten Follow-up zwei Jahre nach RZE wurden erneut die Lebensqualität (EORTC QLQ-C30, QLQ-BLM30), die psychosoziale Belastung (FBK-R10) und die Rückkehr zur Arbeit evaluiert. Zur Identifizierung unabhängiger Prädiktoren wurden Regressionsanalysen durchgeführt.
Ergebnisse: Von den präoperativ berufstätigen Patienten erhielten 77,8% eine NB bzw. 22,2% ein IC. NB-Patienten waren tendenziell jünger als IC-Patienten (58 Jahre (IQR 55–61) vs. 61 Jahre (IQR 57–62); p=0,099). IC-Patienten hatten signifikant häufiger lokal fortgeschrittene Tumorstadien (≥pT3: 43,1% vs. 22,9%; p<0,001) und häufiger Lymphknotenmetastasen (23,5% vs. 12,8%; p<0,001). Zum Ende der AHB bestand bei 77,4% aller Patienten eine subjektiv positive Erwerbsprognose (NB 82,1% vs. IC 60,8%; p<0,001). Insgesamt waren zwei Jahre nach AHB 37 Patienten (16,1%) verstorben. Die mediane postoperative Überlebenszeit betrug 302 Tage (IQR 204–482). Einen Rücklauf der postalischen Nachbefragung erhielten wir zwei Jahre nach der AHB von 159 Patienten (69,1%), Angaben zur Erwerbstätigkeit machten 95,0%. Berufstätig waren zwei Jahre nach der AHB 68,2% der Patienten, zu 90,3% wieder in Vollzeit. Dauerhaft berentet waren 18,5%. Während sich nach einer RZE und Anlage eines IC oder NB sämtliche Funktionsskalen der gesundheitsbezogenen Lebensqualität berufstätiger Patienten weiter verbesserten, zeigten insgesamt 46,5% der Patienten eine insgesamt höhere psychosoziale Belastung. Positive Prädiktoren für die Rückkehr zur Arbeit in der univariaten logistischen Regressionsanalyse waren ein Alter <60 Jahren (OR 7,212; 95% CI 3,337–15,583; p<0,001) und die Anlage einer NB (OR 2,416; 95% CI 1,054–5,434; p=0,037). In der multivariaten Regressionsanalyse konnte alleinig ein Alter <60 Jahren (OR 7,730; 95% CI 3,369–17,736; p<0,001) als positiver Prädiktor für die Rückkehr zur Arbeit identifiziert werden. Das Geschlecht, die OP-Technik (offen vs. Roboter-assistiert laparoskopisch), das Tumorstadium und der sozioökonomische Status beeinflussten in der Regressionsanalyse die Rückkehr zur Arbeit nicht.
Schlussfolgerung: Zwei Jahre nach einer AHB waren nahezu 70% der präoperativ berufstätigen Patienten wieder erwerbstätig. Allerdings sollten die Patienten, aufgrund der häufig hohen psychosozialen Belastung, auf heimatnahe psychosoziale Beratungsstellen, Selbsthilfegruppen und die Option eines stationären Tumornachsorgeheilverfahrens hingewiesen werden.