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62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

22.-25.06.2022, Koblenz

Makrohämaturie-Abklärung in Salami-Taktik

Meeting Abstract

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  • K. Kaltenecker - Urologische Klinik Sindelfingen
  • J. Jessen - Urologische Klinik Sindelfingen
  • T. Knoll - Urologische Klinik Sindelfingen

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 62. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Koblenz, 22.-25.06.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. DocFall 3

doi: 10.3205/22swdgu112, urn:nbn:de:0183-22swdgu1128

Published: May 10, 2022

© 2022 Kaltenecker et al.
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Text

Einleitung: Ein 82-jähriger, seit knapp 14 Monaten linksseitig aufgrund einer distalen Harnleiterenge unklarer Genese DJ-dauerversorgter Patient stellte sich mit fulminanter Makrohämaturie notfallmäßig in unserer Notaufnahme vor. Der Patient befand sich zum Zeitpunkt der Vorstellung in unauffälliger Nachsorge bei low-risk nicht muskelinvasivem Urothelkarzinom, pTa G2 low-grade, der linken Ureterleiste. Des Weiteren nahm der Patient zur Sekundärprophylaxe bei hochgradiger Stenose der Arteria cerebri posterior beidseits und Zustand nach mehrfachen Thalamusischämien ASS 100 mg ein.

Methode: Im Zuge der Hämaturie-Abklärung erhielt der Patient eine Computertomographie, welche keine Blutungsquelle im oberen Harntrakt zeigt. Bei spontan sistierter Blutung konnte der Patient zeitnah wieder entlassen werden. In den folgenden Wochen stellte sich der Patient wiederholt mit Hb-relevanten Makrohämaturien in unserer Notaufnahme vor. Trotz mehrerer Computertomographien konnte die Blutungsquelle nicht eindeutig lokalisiert werden. Bei klinischem Verdacht auf Blutung aus dem Nierenbecken links wurde der Patient dann linksseitig nephrektomiert. Postoperativ traten erneut Hb-relevante Makrohämaturien auf. Zystoskopisch zeigten sich vulnerable Prostatavarizen. Der Patient erhielt daher eine TUR Prostata, die ebenfalls nicht zum Sistieren der Makrohämaturie führte. Klinisch stellten wir nun den Verdacht einer Blutung aus dem linken Harnleiterstumpf. Aufgrund des zwischenzeitlich stark reduzierten Allgemeinzustandes des Patienten unternahmen wir zweimalig den Versuch einer endoskopischen Versorgung der Blutungsquelle. Dazu applizierten wir retrograd ein Hämostyptikum in den Harnleiterstumpf (Floseal), was letztendlich ebenfalls frustran war. Bei hochgradigem Verdacht auf Vorliegen einer ureteroiliakalen Fistel indizierten wir daher eine abdominelle Exploration.

Ergebnisse: Intraoperativ bestätigte sich drei Monate nach initialer Vorstellung und mehrfachen Interventionen eine Fistel zwischen Harnleiterstumpf und Arteria iliaca interna links. Die Arteria iliaca interna wurde übernäht und der Harnleiterstumpf links inklusive Blasenmanschette reseziert. Bis zur definitiven Versorgung der Fistel waren dem Patienten insgesamt 30 Erythrozytenkonzentrate transfundiert worden.

Schlussfolgerung: Eine ureteroilikale Fistel ist eine seltene, jedoch vital bedrohliche Komplikation einer DJ-Dauerversorgung. Insbesondere bei intermittierender, Hb-relevanter Makrohämaturie und vorliegenden Risikofaktoren, wie einer Harnleiterschienung, Zustand nach pelviner Operation oder Radiatio in Becken, sollte diese Differentialdiagnose in Betracht gezogen werden. Neben der Kenntnis des Erkrankungsbildes stellt die diagnostische Sicherung heutzutage die größte Herausforderung dar. CT-Angiographien oder retrograde Ureterographien sind zur Sicherung der Diagnose aufgrund einer reduzierten Sensitivität nur bedingt geeignet. Angiographien bieten neben der höchsten Sensitivität (62%) auch die Möglichkeit einer sofortigen endovaskulären Versorgung der Fistel. Anderenfalls sollte die Indikation zur abdominellen Exploration frühzeitig gestellt werden.