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61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

09.06. - 11.06.2021, digital

Polypharmazie und Arzneimittelinteraktionen sind assoziiert mit perioperativer Morbidität und dem Outcome älterer Patienten nach radikaler Zystektomie

Meeting Abstract

  • J. Rudolph - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm
  • N. Löbig - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm
  • T. Martini - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm
  • A. John - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm
  • D. Dallmeier - Agaplesion Bethesda Klinik, Geriatrische Forschung und Geriatrisches Zentrum, Universität Ulm; Dept. of Epidemiology, Boston University School of Public Health
  • M. Denkinger - Agaplesion Bethesda Klinik, Geriatrische Forschung und Geriatrisches Zentrum, Universität Ulm
  • C. Bolenz - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm
  • F. Wezel - Klinik für Urologie, Uniklinik Ulm

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. sine loco [digital], 09.-11.06.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21swdgu77

doi: 10.3205/21swdgu77, urn:nbn:de:0183-21swdgu771

Published: June 8, 2021

© 2021 Rudolph et al.
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Einleitung: Polypharmazie erhöht das Risiko von Arzneimittelinteraktionen (DDI) und Medikationsfehlern. In dieser Studie wurde die Prävalenz von potentiell inadäquaten Langzeitmedikamenten bestimmt und der Zusammenhang mit perioperativer Morbidität und Überleben bei älteren Patienten mit muskelinvasiven Urothelkarzinomen (BC) untersucht, die sich einer radikalen Zystektomie (RC) unterzogen.

Methode: Insgesamt wurden 308 Patienten [271 Männer, 37 Frauen], die zum Zeitpunkt der RC älter als 65 Jahre waren, in eine retrospektive Analyse einbezogen. Zur Beurteilung der Langzeitmedikation wurden verschiedene Medikamentenklassifikationen und DDI-Scores verwendet, darunter der FORTA-Score, die PRISCUS-Liste, der mediQ- und der Medscape-Interaktions-Score und der Anticholinergika-Belastungs-Score (ABC score). Eine Multivariate Cox-Regression wurde für die Überlebensanalysen verwendet, zudem wurden perioperative Komplikationen erfasst.

Ergebnisse: 141 Patienten (45,8%) starben während eines medianen Follow-up von 28,9 Monaten. 36 (11,7%) Patienten erhielten Medikamente, die in der PRISCUS-Liste für potenziell unangemessene Medikamente (PIM) aufgeführt sind. 137 Patienten (44,5%) erhielten Medikamente, die nach FORTA-Klassifizierung als am ungeeignetsten eingestuft wurden (FORTA C &D). 20 Patienten (6,5%) erhielten Medikamente mit einer ungünstigen anticholinergen Belastung.

Von den getesteten Scores war nur der FORTA-Score signifikant mit einem verringerten Gesamtüberleben (OS) assoziiert (HR 1,64; 95% CI 1,18-2,27).

In der multivariaten Analyse waren das pT-Stadium (HR 2,21; 95% CI 1,47-3,32), die Lymphknotenbeteiligung (HR 3,29; 95% CI 2,23-4,85) und der FORTA-Score (HR 1,47; 95% CI 1,03-2,1) signifikant mit reduziertem OS verbunden.

Ein höherer FORTA-Score und die Einnahme von PIM korrelierten mit einem erhöhten Risiko für nichtoperative Komplikationen (OR 2,21; 95% CI 1,38-3,54 bzw. OR 2,62; 95% CI 1,25-5,47). Patienten mit ungünstiger anticholinerger Therapie zeigten ein signifikant erhöhtes Auftreten von postoperativem Delir (OR 5; 95% CI 1,84-13,57).

Schlussfolgerung: Potentiell inadäquate Medikation ist bei älteren Patienten, die sich einer RC unterziehen, weit verbreitet und mit der perioperativen Morbidität und dem Gesamtüberleben assoziiert. Daher könnte ein präoperatives Medikamenten-Screening zur Optimierung der Langzeitmedikation vor RC den postoperativen Verlauf positiv beeinflussen. In prospektiven Studien könnten Medikamentenklassifikationen als prognostische sowie prädiktive Parameter weiter untersucht werden.