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61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

09.06. - 11.06.2021, digital

Fehlklassifizierung der Prognosegruppe nach IGCCCG auf Grundlage des falschen Markerzeitpunkts

Meeting Abstract

  • M. Majewski - Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Klinik für Urologie
  • C. Ruf - Bundeswehrkrankenhaus Ulm, Klinik für Urologie
  • H. Schmelz - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik für Urologie
  • C. Matthies - Bundeswehrkrankenhaus Hamburg, Klinik für Urologie
  • T. Nestler - Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Klinik für Urologie

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. sine loco [digital], 09.-11.06.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21swdgu71

doi: 10.3205/21swdgu71, urn:nbn:de:0183-21swdgu711

Published: June 8, 2021

© 2021 Majewski et al.
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Text

Einleitung: Metastasierte Hodentumorpatienten werden mittels Risikoklassifizierung nach IGCCCG (International Germ Cell Cancer Collaborative Group) eingeteilt, nach der sich die Intensität der weiteren kurativen Therapie richtet. Für die Klassifizierung wird das Vorhandensein von nicht pulmonalen, viszeralen Metastasen und bei nichtseminomatösen Hodentumoren die Hodentumormaker (AFP, bHCG und LDH) im Nadir nach der inguinalen Orchiektomie berücksichtigt. Werden hingegen präoperative Tumormarker verwendet, so besteht die Gefahr einer Über- oder Unterklassifizierung und daraus resultierend ggf. eine Über-/Untertherapie der Patienten. Bei Unterklassifizierung kann es zu einer Untertherapie der Patienten kommen mit der Gefahr der insuffizienten Tumortherapie. Die Folgen der Übertherapie können Chemotherapie assoziierte Akut - und Langzeittoxizitäten sein. Unser Ziel war daher die klinische Relevanz der Fehlklassifikation der IGCCCG-Risikogruppe durch die Verwendung von präoperativen Tumormarkern zu untersuchen.

Methode: Die retrospektiven klinischen Daten von Hodentumorpatienten aus zwei Hodentumorbehandlungszentren (Bundeswehrkrankenhaus Hamburg und Bundeswehrzentralkrankenhaus Koblenz, Datenerhebung 1991 bis 2018) inklusive der Tumormarkerverläufe und der Metastasierung wurden erhoben, um ein Eingruppierung nach IGCCCG mit Tumormarkern vor inguinaler Orchiektomie und Tumormarkern vor Chemotherapie vorzunehmen. Mittels Cohens Kappa- wurde die Übereinstimmung zwischen den beiden Varianten (Tumormarker präoperativ vs. Nadir) verglichen.

Ergebnisse: Aus einer 2562 Patienten umfassenden Datenbank wurden 207 Verläufe von metastasierten nichtseminomatösen Hodentumorpatienten mit vollständigen Datensätzen identifiziert. Durch die Nutzung der Tumormarker vor Orchiektomie wären 32 Patienten (15%) inkorrekt nach IGCCCG klassifiziert worden. Bei 23 Patienten (11,1%) wäre es zu einer zu hohen, bei 9 Patienten (4,3%) zu einer zu niedrigen Eingruppierung gekommen. Der Kappa-Koeffizient nach Cohen beträgt 0,65 und zeigt damit eine starke Übereinstimmung zwischen den unterschiedlichen Markerzeitpunkten.

Bei der Durchführung einer leitliniengerechten Therapie wäre die Folge der falschen Eingruppierung bei 23 Patienten eine Übertherapie (Hochdosischemotherapie oder 4 statt 3 Zyklen Chemotherapie mit PEB), bei 9 eine Untertherapie (3 statt 4 Zyklen Chemotherapie mit PEB oder ggf. Hochdosischemotherapie).

Schlussfolgerung: Die Verwendung der Hodentumormarker zu einem falschen Zeitpunkt birgt eine relevante Gefahr der Fehlgruppierung in eine falsche IGCCCG-Risikogruppe mit dem daraus folgenden Risiko einer relevanten Über- oder Untertherapie von Patienten.