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61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

09.06. - 11.06.2021, digital

Kindskopfgroßer Stein in einem Ileocoecal-Pouch – eine schwierige Geburt!

Meeting Abstract

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  • B. Keller - Urologische Klinik, Städtisches Klinikum Karlsruhe
  • P. Bader - Urologische Klinik, Städtisches Klinikum Karlsruhe
  • D. Teber - Urologische Klinik, Städtisches Klinikum Karlsruhe

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. sine loco [digital], 09.-11.06.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21swdgu16

doi: 10.3205/21swdgu16, urn:nbn:de:0183-21swdgu168

Published: June 8, 2021

© 2021 Keller et al.
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Einleitung: Die Steinbildung im Urinreservoir ist mit 10% eine typische Langzeitproblematik der kontinenten selbstkatheterisierbaren Harnableitung. Die meist kleinen Steine können üblicherweise endoskopisch entweder über das Stoma selbst oder perkutan lithotripsiert und entfernt werden. Eine offene Revision der Harnableitung ist eine Rarität.

Fallbericht: Wir berichten über einen 41-jähriger Patienten, der aufgrund eines kaudalen Regressionssyndrom und einer komplexen urogenitalen Missbildung, bereits als Säugling einen analen Durchzug erhielt. Im Alter von 17 Jahren erfolgte die Zystektomie und Harnableitung mittels MAINZ-Pouch I (Ileocoecal-Pouch) und Appendix-Nabelstoma. In den Folgejahren regelmäßiger problemloser Selbst-Katheterismus des Urinreservoirs alle 4 Stunden. Keinerlei Symptomatik von Seiten des Harntrakts, kein Fieber, keine Schmerzen. Bekannte funktionsgeminderte ektatische Niere rechts.

2019 konnte durch Implantation eines Darm-Schrittmachers schließlich eine komplette Stuhlkontinenz erzielt werden. Ein doppelläufiges Deszendostoma wurde zurückverlagert. Im Rahmen der präoperativen Diagnostik (Kolon-Kontrasteinlauf) zeigten sich als Zufallsbefund mehrere große asymptomatischen Pouchsteine. Im CT-Abdomen nativ wurde die Größe der drei Pouchsteine mit 12 x 9 cm, 6 x 1,5 cm und 2,5 x 1,5 cm beschrieben.

Aufgrund der Steingröße Entschluss zur offene Steinsanierung, da das endoskopische Vorgehen mit einer langen OP-Dauer, Mehrfacheingriffen und einem hohen Risiko der Pouchperforation und Stomainkontinenz verbunden gewesen wäre.

Der operative Zugang erfolgte via Pararektalschnitt rechts und Eröffnung des Pouchs über ca. 10 cm unter Schonung des Kontinenzmechanismus sowie des benachbart implantierten Darmschrittmachers. Die Extraktion des kindskopfgroßen, im Pouch doch sehr mobilen Steins, gelang erst unter Zuhilfenahme einer gynäkologischen Geburtszange. Drei Wochen postoperativ konnte der Selbstkatheterismus erneut problemlos durchgeführt werden bei weiterhin kontinentem Nabelstoma.

Schlussfolgerung: Bis zu 10% der Patienten mit einem kontinenten Urinreservoir können Pouchsteine entwickeln. Als Risikofaktoren gelten Urinstase, Harnwegsinfektion, Fremdmaterial, Schleimproduktion und metabolische Störungen.

Der Mainz Pouch I kann dabei riesige Steine „verstecken“, die lange Zeit asymptomatisch bleiben, deren Sanierung allerdings schwieriger und komplikationsbeladener wird je größer die Steine sind. Um solche Situationen zu vermeiden ist auf eine korrekte und schleimarme Entleerung des Pouchs zu achten. Weiterhin kann das Risiko durch eine Reduktion der bakteriellen Besiedelung und den Ausgleich von metabolischen Störungen gesenkt werden. Im Rahmen der urologischen Nachsorge sollte gezielt nach Pouchsteinen gesucht (ggf. CT nativ) und diese frühzeitig einer Behandlung zugeführt werden.