gms | German Medical Science

61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

09.06. - 11.06.2021, digital

Die Leiden des jungen Bikers – Case Report & Literatur Review über die „Idiopathische partielle Thrombose des Corpus Cavernosum“

Meeting Abstract

  • J. Schneider - Klinikum am Steinenberg Reutlingen
  • T. Schöttle - Klinikum am Steinenberg Reutlingen
  • D. Randecker - Praxis Dr. D. Randecker
  • H. Schwaibold - Klinikum am Steinenberg Reutlingen

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. sine loco [digital], 09.-11.06.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21swdgu14

doi: 10.3205/21swdgu14, urn:nbn:de:0183-21swdgu148

Published: June 8, 2021

© 2021 Schneider et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Einleitung: Das Fahrradfahren ist eines der am häufigsten ausgeübten sportlichen Aktivitäten in Deutschland. Eine unbekannte Erkrankung des jungen, gesunden Mannes ist die idiopathische partielle Thrombose des Corpus Cavernosum (IPTCC). Seit 1976 wurden 84 Fälle der IPTCC, auch „Partieller Priapismus“ oder „Partiell segmentale Thrombose des Corpus Cavernosum“ (PSTCC) genannt, beschrieben. Einer der Hauptrisikofaktoren soll neben einer intracavernosalen Bindegewebs-Membran das Fahrradfahren sein.

Diese Publikation beschreibt einen typischen Fallverlauf, welcher sich im April 2020 ereignete. Außerdem gibt sie eine Übersicht der weltweit publizierten Literatur und leitet daraus ein Behandlungskonzept ab.

Methodik: Fallbeschreibung und Follow-up über 6 Monate des IPTCC-Falls in unserer Klinik. Literaturrecherche und deskriptiv-statistische Bearbeitung von 54 Publikationen in peer-reviewed Journals bis 2020. Ableitung eines Therapiekonzepts auf Basis der publizierten Daten.

Ergebnisse: Im April 2020 stellte sich ein 50-jähriger Personal-Trainer mit perinealer Schwellung und nach penil ausstrahlenden Schmerzen vor. Trauma und erektile Dysfunktion (ED) wurden verneint. Als Auslöser wurde das Trainieren auf diversen Fahrradsatteln 2 Tage vor Schmerzbeginn vermutet. Eine bereits in einer extern initiierte analgetische Therapie zeigte keine Symptomverbesserung. Nach Ausschluss üblicher Differentialdiagnosen brachten Sonografie und MRT die Diagnose: Thrombose des rechten proximalen CC mit Thrombus aufliegender Bindegewebs-Membran typisch für die IPTCC. Das Thrombophilie-Screening zeigte keine Auffälligkeiten. Der Patient wurde für 10 Wochen vollheparinisiert und erhielt NSAID bei Bedarf. Im Anschluss erhielt der Patient für 4 Monate Acetylsalicylsäure. Nach 6 Monaten Follow-up zeigte er sich beschwerdefrei und ohne Erektionsbeschwerden.

Seit Erstbeschreibung 1976 wurden 84 Fälle publiziert. Die IPTCC ist eine Erkrankung des jungen Mannes (33,5 Jahre | 16-59), welche in 88% mit Schmerzen und Schwellung einhergeht. Sonografie und MRT zeigten sich als Diagnostikum der Wahl. In 40% waren die Patienten Fahrradfahrer.

Wurde ein MRT, bzw. eine chirurgische Exploration durchgeführt, zeigten 100% der Patienten eine cavernosale Bindegewebs-Membran. Diese ist als Prädispositionsfaktor in Kombination mit Mikrotraumen des Perineums, bei unbekannter Pathogenese, beschrieben. Therapiert wurde medikamentös-konservativ (n= 52 | 61,9%), operativ (n=20 | 23%), analgetisch (n=7 | 8,3%), via Injektion (n=2 | 2,4%), sowie radiologisch-interventionell (n=1 | 1,2%).

In 14 Fällen entwickelte sich eine passagere bis PDE-5-therapiebedürftige ED. Rezidive und prolongierte Verläufe waren selten.

Schlussfolgerung: Die IPTCC ist eine seltene Erkrankung des jungen Mannes mit bisher unbekannter Pathogenese. Eine intracavernosale Bindegewebs-Membran und Mikrotraumata, z.B. ausgelöst durch das Radfahren, sind vermutete Ursachen. Anamnese, Sonografie und MRT sichern die Diagnose.

Die konservative Therapie mit Heparin, ASS und NSAIDs zeigt gute Heilungschancen. Bei Rezidiv oder Patientenwunsch sollte ein operativ/alternatives Therapiemanagement favorisiert werden.