gms | German Medical Science

61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e. V.

09.06. - 11.06.2021, digital

Vom Prostatakarzinom zur Exenteration

Meeting Abstract

  • S. Naique - Knappschaftsklinikum Saar
  • G. Peters - Knappschaftsklinikum Saar
  • C. Lang - Knappschaftsklinikum Saar
  • J. Schuld - Knappschaftsklinikum Saar
  • R. Eichel - Gemeinschaftspraxis für Urologie, Dres. med. Paul D. Karp & Robert Eichel

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 61. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. sine loco [digital], 09.-11.06.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21swdgu12

doi: 10.3205/21swdgu12, urn:nbn:de:0183-21swdgu129

Published: June 8, 2021

© 2021 Naique et al.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Einleitung: Radikale Prostatektomie und Radiatio sind kurative Therapien des lokal begrenzten Prostatakarzinoms (PCa). Trotz verbesserter Operationstechnik leiden manche Patienten an iatrogener Harninkontinenz, desweiteren können operative Inkontinenz-Therapien aufgrund Komplikationen weiteren Operationen nach sich ziehen. Dieses Abstract zeigt eine Fall-Demonstration mit kontinuierlichem Verlust der Lebensqualität.

Kasuistik: Aufgrund iPSA 302ng/ml und stanzbioptisch gesichertem PCa erfolgte 2009 nach Downstaging ohne primärem Metastasen-Nachweis bei seinerzeit 57-jährigem Pat. die radikale Prostatektomie auswärts mit Tumorstadium pT3b pN1 L1 V0 Rx G3 Gleason 4+5=9. Postop: Belastungsinkontinenz °I.

Onkologisch erfolgte im Sinne adjuvanter Therapie von 07/2010 bis 09/2010 die Radiatio unter Fortführung der Androgendeprivationstherapie (ADT).

Aufgrund Belastungsharninkontinenz °II- °III post Radiatio erfolgte die Implantation einer ‚Male Sling‘ und nachfolgend eines AMS 800 art. Sphinkters 2012 auswärts.

Im Anschluss urodynamischer Nachweis einer Mischinkontinenz: Belastungsinkontinenz mit motorischer Urgeinkontinenz. Zur Urgeinkontinenz-Behandlung erfolgte nach Ausschluss einer radiogenen Schrumpfblase die Botulinumtoxin A-Injektionstherapie.

Sphinkter-Explantation 2013 aufgrund Skrotalabszess und Sphinkter-Infizierung in implantierender Klinik.

Sodann Kondomurinalversorgung (KU), bei Belastungsharninkontinenz °III, ohne KU TMF stündlich, Nykturie 1x.

Auftreten eines akuten Harnverhalts 07/2016. Endoskopischer Nachweis eines in die Urethra versteinerten und arrodiertem Fremdmateriales (Male Sling), welches mittels Laserlithotripsie entfernt wurde, mit begleitender transurethraler Resektion einer Anastomosenstenose. Versorgung weiterhin mit Kondomurinal.

Erste Pneumaturie 08/2017, entsprechend Zystoskopie, urethrale Biopsie und Urethrotomie 08/2017 auswärts, wobei eine rectovesikale Fistel durch Indigoblau-Instillation ausgeschlossen wurde.

Aufnahme in domo 12/2017 aufgrund Pneumaturie, Harnwegsinfekte und Fäkalurie, zysto- und rektoskopische Diagnose einer enterovesikalen Fistel caudal der Interureterenleiste bis zum Sphinkterbereich mit Zystolithiasis. Aufgrund Ausdehnung und Symptomaggravation mit analem Urinverlust erfolgte die interdisziplinäre operative Versorgung mit anteriorer Rektumresektion mit endständigem Enterostoma und Colon descendens Blindverschluss mit Netzplombe auf Rektum und Urethra, radikaler Zystektomie und Transuretero-Ureteroileokutaneostomie, 10/2018.

Sodann urethraler Ausfluss seit 08/2019, erneut vermehrt 01/2020, unter regelmäßiger urethralen Spülung aktuell wenige Ausflussmenge. Im Cystogramm und CT zeigte sich eine geringe Kontrastmittelmenge dorsal der Symphyse in ehemaliger Blasenloge i.S. einer möglichen Urethrastumpf-Insuffizienz zum möglichen Restrektum ohne Nachweis eines Tumorrezidivs.

Die onkologische Situation besteht derzeit 12 Jahre nach initialer Therapie aufgrund lokal fortgeschrittenen Tumors in fortgesetzter intermittierender ADT mit aktuellem PSA von 0,04ng/ml.

Schlussfolgerung: Bei einigen Patienten nach radikalen Prostatektomie ist eine vorübergehende Harnkontinenz zu beobachten.

Ein etabliertes Therapiespektrum von konservativen Maßnahmen bis zur operativen Therapie steht zur Verfügung.

Komplizierende Faktoren sind zu berücksichtigen und können im Einzelfall trotz onkologischem Therapierfolg in fortgeschrittenem Stadium zu weiterem Organverlust mit massiver Einschränkung (urethrale- und anale Inkontinenz) der LQ sowie Wiedergewinnung unter Erkauf inkontinenter Stomaversorgung (obere Harn- und Stuhlableitung) führen.