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60. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e. V.

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.

22.05. - 25.05.2019, Stuttgart

Seminom mit AFP-Erhöhung – was steckt dahinter?

Meeting Abstract

  • M. Arndt - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg, Deutschland
  • J. Linxweiler - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg, Deutschland
  • R. Moritz-Tugral - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Pathologie, Homburg, Deutschland
  • R. Bohle - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Pathologie, Homburg, Deutschland
  • S. Siemer - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg, Deutschland
  • M. Stöckle - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg, Deutschland
  • J. Heinzelbecker - Universitätsklinikum des Saarlandes, Klinik für Urologie und Kinderurologie, Homburg, Deutschland

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 60. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V.. Stuttgart, 22.-25.05.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2019. DocV8.01

doi: 10.3205/19swdgu062, urn:nbn:de:0183-19swdgu0627

Published: May 10, 2019

© 2019 Arndt et al.
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Text

Einleitung: Die Keimzelltumore des Hodens sind die häufigste maligne Tumorerkrankung junger Männer. Seminome machen neben den Nichtseminomen etwa 60% der Fälle aus. Diagnostiziert wird der Hodentumor durch den klinischen Befund. Zur Einteilung des Krankheitsstadiums, zur Prognoseeinschätzung und zur Therapiekontrolle dienen die Hodentumormarkern AFP, β-HCG und LDH. Seminome exprimieren in etwa 30 % der Fälle β-HCG, jedoch kein AFP. Nichtseminomatöse Tumoranteile wie das Embryonalzellkarzinom, Chorionkarzinom und Dottersackkarzinom exprimieren hingegen in ca. 40-60% der Fälle AFP.

Fallbericht: Ein 48-jähriger Mann mit frühkindlichem Hirnschaden und Maldescensus testis beidseits stellt sich bei auffälligem Tastbefund des linken Hodens vor. Die Sonographie sowie erhöhte Hodentumormarker (β-HCG 13,5 IU/l, AFP 1433,0 IU/ml, LDH 914 IU/l) erhärten die Verdachtsdiagnose eines Hodentumors. Nach Hodenentfernung zeigt sich im linken Hodenpräparat histopathologisch ein reines Seminom ohne AFP positive Zellverbände. Das CT Thorax bis Becken weist keine pathologisch vergrößerten Lymphknoten oder Fernmetastasen auf. Postoperativ fallen die Tumormarker halbwertszeitgerecht bis auf Normalniveau. Eine Surveillance Strategie wurde eingeleitet. 5 Monate unter Surveillance sind die Tumormarker im Normbereich. Auch die Staging-Untersuchung zeigte einen unauffälligen Befund.

Diskussion: Ursächlich für die AFP-Erhöhung kommen nicht-hodentumorassoziierte Zweiterkrankungen wie das hepatozelluläre Karzinom, Lebererkrankungen sowie extragonadale Keimzelltumoren oder eine okkulte nichtseminomatöse Tumorkomponente im Primärpräparat oder in Metastasen in Frage. Lebererkrankungen lagen bei unserem Patienten nicht vor. Eine falsche Histopathologie konnten wir durch Einholung einer Referenzpathologie weitgehend ausschließen. Der Abfall des AFPs bis ins Normniveau nach Ablatio testis spricht dennoch für eine AFP-produzierende Komponente im Orchiektomiepräparat. In der Literatur finden sich Einzelfälle von reinen Seminomen bei gleichzeitig erhöhten AFP-Serumwerten. Im Vergleich zum Seminom scheinen sie eine schlechtere Prognose zu haben und ähneln in ihrem Verhalten eher den Nichtseminomen. In einigen Fällen wird ein Progress mit retroperitonealen Lymphknotenmetastasen mit nichtseminomatöser Tumorkomponente beschrieben.

Schlussfolgerung: Nach Ausschluss einer nicht-Keimzelltumorassoziierten Ursache der AFP-Erhöhung spricht die Befundkonstellation einer AFP-Erhöhung bei histologischem Nachweis eines reinen Seminoms für eine okkulte nichtseminomatöse Tumorkomponente. Eine Klassifikation, Therapie und Nachsorge als Nichtseminom erscheint naheliegend.