Article
Die Harntransportstörung – tägliche Routine oder therapeutische Herausforderung?
Search Medline for
Authors
Published: | May 10, 2019 |
---|
Outline
Text
Die Ureterektopie ist eine angeborene Anomalie mit einer Inzidenz von 1:2000 (Jungen:Mädchen 1:3) und kann in zahlreichen Varianten zur Ausprägung kommen. Bei Jungen sind prostatische Harnröhre, Samenbläschen und Samenleiter betroffen, bei Mädchen die Urethra, das äußere Genital und der Uterus. Häufig liegen simultane Fehlbildungen des Urogenitaltraktes vor. So findet sich bei 80-90% der Patienten eine Nierendoppelanlage. Klinisch kann es zu fieberhaften Harnwegsinfekten mit septischen Verläufen kommen, häufig sind die Patienten jedoch asymptomatisch. Insbesondere bei rezidivierenden Harnwegsinfekten sollte an urogenitale Fehlbildungen gedacht und diese ausgeschlossen werden. Hier spielen sowohl statische (CT) als auch dynamische Untersuchungstechniken (z. B. Urogramm) eine Rolle. Die therapeutischen Optionen reichen von konservativen Maßnahmen bis hin zur offenchirurgischen Rekonstruktion.
Im August 2017 stellte sich ein 86-jähriger Patient wegen einer Allgemeinzustandsverschlechterung und diffusen Bauchschmerzen bei uns vor. Sonographisch und CT-morphologisch zeigte sich eine hochgradige Harntransportstörung bei Nierendoppelanlage links. Bei beginnender Urosepsis erfolgte die Anlage einer perkutanen Nephrostomie. Im postoperativen Delir entfernte sich der Patient jedoch diese, so dass wir eine Ureterorenoskopie mit Doppel-J-Einlage durchführten. Intraoperativ fand sich bei Nierendoppelanlage ein Ureter duplex mit ektoper Mündung der kranialen Anlage in die prostatische Harnröhre. Bei einem zweiten Eingriff erfolgte dann die Komplettierung der endoskopischen Abklärung der initialen Harntransportstörung durch transurethrale Aufresektion des ektop gelegenen Ostiums und eine flexible Ureterorenoskopie der oberen Nierenanlage. Hierbei konnte sowohl eine Urolithiasis als auch ein Tumor als Stauungsursache ausgeschlossen werden. Zum geplanten Doppel-J-Auslaßversuch erschien der Patient nicht.
Unser Fall zeigt eine ungewöhnliche Spätmanifestation einer ektopen Uretermündung in Form einer symptomatischen Harntransportstörung. Er demonstriert die erschwerte Therapieplanung bei abweichenden anatomischen Verhältnissen und lässt uns einmal mehr „über den Tellerrand“ hinaus blicken.