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59. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V. - Urologie im Südwesten: Innovation aus Tradition

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.

06.06. - 09.06.2018, Offenburg

Postrenales Nierenversagen mit 10 Liter Harnverhaltung

Meeting Abstract

  • Philip Zeuschner - Universitätsklinikum des Saarlandes
  • Martin Janssen
  • Olegs Krivovs
  • Adriana F. Burcea
  • Michael Stöckle

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 59. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V. - Urologie im Südwesten: Innovation aus Tradition. Offenburg, 06.-09.06.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18swdgu095

doi: 10.3205/18swdgu095, urn:nbn:de:0183-18swdgu0951

Published: June 5, 2018

© 2018 Zeuschner et al.
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Text

Notfallmäßige Vorstellung eines 58-jährigen Mannes vom niedergelassenen Urologen mit hochgradigem Verdacht auf massives postrenales Nierenversagen. Das S-Kreatinin sei > 15mg/dl, die Nieren beidseits massiv gestaut.

Der Patient ist allseits orientiert, hat Unterschenkelödeme, Kratzspuren am gesamten Integument und einen Foetor uraemicus. Das Abdomen ist prall mit spärlichen Darmgeräuschen ohne Abwehrspannung oder Peritonismus. Der Patient berichtet von einer seit etwa 4 Wochen deutlich erschwerten Miktion und dauerhaftem Juckreiz am gesamten Körper. Sonografisch sind beide Nierenbecken III-IV° ektatisch mit leicht verschmälertem Parenchymsaum, zudem zeigt sich eine riesige echoleere Raumforderung, die das gesamte Abdomen bis zum Xiphoid ausfüllt. Die transurethrale Einlage eines Blasenkatheters ist frustran, daher erfolgt die Anlage eines suprapubischen Blasenkatheters. Laborchemisch imponieren ein Hb von 6.3g/dl, Kalium von 5.4mmol/l, S-Kreatinin von 13.78mg/dl, Harnstoff von 252mg/dl, die Infektparameter sind normwertig, der pH in der arteriellen Blutgasanalyse 7.1, HCO3 4.3mmol/l, Base Excess 22mmol/l.

Nach Rücksprache mit den internistischen Kollegen erfolgt die sofortige Gabe von 100mg Natrium-Bicarbonat und die Verlegung auf die internistische Intensivstation. Dort werden insgesamt fraktioniert 10 Liter Urin abgelassen, 2 Blutkonserven transfundiert, ein Shaldon-Katheter angelegt und mit einer kontinuierlichen Hämodialyse begonnen.

Nach Stabilisierung erfolgt zwei Tage später die Rückverlegung in die Klinik für Urologie, das Kreatinin liegt nun bei 6,41mg/dl. Bei Fieber und steigenden Infektwerten werden noch am selben Tag bei persistierend ektatischen Nieren beidseits Nephrostomien eingelegt. In engmaschigem Dialog mit den Kollegen der Nephrologie wird mittels intensivierter diuretischer Therapie versucht, die Nierenfunktion zu stimulieren, die Entgiftung setzt jedoch nur unzureichend ein. Der Patient wirkt weiterhin verlangsamt, ein psychiatrisches Konsil ergibt ein weiterhin eingeschränktes Urteilungsvermögen. Bei nur geringer Fördermenge der Niere mit schmälerem Parenchym wird eine perkutane Nephrostomie entfernt. Die Nierenretentionsparameter steigen weiterhin, sodass am 9. Tag nach Aufnahme mit einem S-Kreatinin von 9,48m/dl und Harnstoff von 160mg/dl die Rückverlegung zu den Kollegen der Nephrologie erfolgt. Nach internistischer Stabilisierung wird eine Zystoskopie in Narkose in Urethrotomie-Bereitschaft im Verlauf geplant.

Dieser Fall mit einer außergewöhnlich hohen Menge an in der Blase verhaltenem Urin demonstriert das komplexe Management besonders ausgeprägter Fälle von postrenalem Nierenversagen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Nierenfunktion entweder gar nicht oder nur stark protrahiert wiedereinsetzt und der Patient fraglich enzephalopathisch ist.