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59. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V. - Urologie im Südwesten: Innovation aus Tradition

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.

06.06. - 09.06.2018, Offenburg

Inzidenz und Prädiktoren der hyperchlorämischen chronischen metabolischen Azidose nach Anlage einer Ileum Neoblase – Daten aus der Frührehabilitation

Meeting Abstract

  • Marius Cristian Butea-Bocu - Urologisches Kompetenzzentrum für die Rehabilitation - UKR - der Kliniken Hartenstein
  • Oliver Brock
  • Guido Müller
  • Ullrich Otto

Südwestdeutsche Gesellschaft für Urologie e.V.. 59. Jahrestagung der Südwestdeutschen Gesellschaft für Urologie e.V. - Urologie im Südwesten: Innovation aus Tradition. Offenburg, 06.-09.06.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18swdgu066

doi: 10.3205/18swdgu066, urn:nbn:de:0183-18swdgu0661

Published: June 5, 2018

© 2018 Butea-Bocu et al.
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Fragestellung: Wir haben uns die Frage gestellt, in welchem Umfang nach der Anlage einer Ileum Neoblase eine azidotische Stoffwechsellage eintritt und ob für deren Entwicklung Prädiktoren existieren.

Methodik: 500 zufällig ausgewählte Patienten, die nach Zystektomie mit einer Ileum Neoblase versorgt wurden, hat man in eine retrospektive Kohortenstudie eingeschlossen. Im Zeitraum 1/2014 bis 3/2017 wurden diese im Zuge einer Anschlussrehabilitation (AHB) im UKR behandelt. Evaluiert wurden die Ergebnisse der wöchentlich durchgeführten Blutgas-Analysen (pH, base excess, Bicarbonat) zusammen mit Komorbiditäten, Serum-Kreatinin, Serum-Elektrolyte und Frühkontinenz, objektiv erfasst zu Beginn (T1) und am Ende (T2) der AHB mittels 24-Stunden-Vorlagen-Test sowie die unterschiedlichen Parameter der Uroflowmetrie. Zudem wurde die evtl. erforderliche Dosis an alkalisierendem Natriumhydrogencarbonat erfasst. Die statistische Auswertung erfolgte mittels SPSS.

Ergebnis: Bei der Aufnahme zur AHB wiesen 58,2% der Patienten einen korrekturbedürftigen negativen base excess von ≤ -2,5 mmol/l auf. Im AHB-Verlauf wurde bei weiteren 37,8% der Patienten eine medikamentöse Therapie mit Natriumhydrogencarbonat erforderlich. Im Median wurden bei diesen Patienten pro Tag 3 g (IQR 2-5) Natriumhydrogencarbonat substituiert. Dieser Bedarf der vermehrten Medikation ist in aller Regel bedingt durch eine zunehmende Volumenspeicherung der Neoblase, die zu einer weiteren Übersäuerung des Blutes durch die verlängerte Kontaktdauer des Urins mit dem Darmlumen führt. Der Urinverlust reduzierte sich im Median von 424 g auf 94 g (T1 vs. T2; p< 0,001) und das Miktionsvolumen steigerte sich im Median von 57 ml auf 154 ml (T1 vs. T2; p< 0,001). In der adjustierten multivariaten Analyse wurden eine vorbestehende Niereninsuffizienz (eGFR < 60 ml/min.) und ein geringerer Urinverlust als Prädiktoren für die Entwicklung einer metabolischen Azidose identifiziert (p< 0,001 bzw. p= 0,02).

Schlussfolgerung: Die Inzidenz einer korrekturbedürftigen chronischen metabolischen Azidose (cmA) nach Anlage einer Ileum Neoblase ist erhöht (86% bis zum Ende der AHB). Im Zuge einer AHB-Maßnahme korreliert die cmA mit dem Faktor Zeit. Eine engmaschige Blutgas-Analyse ist in den ersten Wochen nach dem operativen Eingriff dringend geboten. Prädiktoren für eine therapiebedürftige metabolische Azidose sind eine eingeschränkte Nierenfunktion und die zunehmende Neoblasenkapazität.