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Anvertraut oder ausgeliefert? Das Arzt-Patientenverhältnis in der Pädiatrie
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Published: | May 6, 2016 |
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Die Veränderung der Lebensumstände von Kindern und die Ökonomisierung der Medizin haben auch in der Pädiatrie weitreichende Auswirkungen auf das Arzt-Patientenverhältnis. Interessengesteuerte Einflussnahmen sind denkbar, da wie in kaum einem anderen Fach - die Notfallmedizin ausgenommen - die heute so bedeutsame Autonomie des Patienten im Falle eines Kindes durch das mutmaßliche „Kindeswohl“ bestimmt wird. Das Problem ist - wessen Autonomie? Die der Eltern oder die des Kindes? Das „Kindeswohl“ ist auslegungsbedürftig und räumt häufig medizinischen Erfordernissen ein unverhältnismäßiges Primat ein. Hier ist die Pädiatrie noch eher paternalistisch orientiert: Wir wissen, oder glauben zu wissen, was für das Kind gut ist. Durch die neue Patientenrechtgesetzgebung (§ 630 e BGB: Aufklärungspflichten) ist aber unmissverständlich formuliert: „Bei der Aufklärung ist auch auf Alternativen zur Maßnahme hinzuweisen, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können.“ Dazu muss allerdings der Arzt die Alternativen erst einmal selbst kennen. Damit ist nicht „Alternative Medizin“ gemeint, sondern etwa das Abwägen zwischen einem operativen oder konservativen Vorgehen, oder der Indikation einer Langzeitmedikation. Die Zweitmeinung wird so vom Misstrauensantrag zur Regel befördert, und das ist gut so - auch wenn sie am ärztlichen Selbstverständnis rüttelt.