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Komplexe intrakranielle arteriovenöse Fistel mit orbitaler venöser Hypertension – nicht immer genügt nur eine Intervention
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Published: | May 14, 2025 |
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Hintergrund: Arteriovenöse Shunts zum Sinus cavernosus mit venöser Hypertension können zu ophthalmologischen Symptomen führen. Neben einem epibulbären Caput medusae stellen Exophthalmus, Diplopie und sekundärer Anstieg des Intraokulardruckes die wichtigsten Manifestationsformen dar.
Methodik: Der Fall eines 35 Jahre alten Mannes mit akut aufgetretener o.g. Trias wird dargestellt. Auf die klinischen Zeichen sowie den komplexen Behandlungsverlauf wird eingegangen. Pathogenetische Hintergründe werden zudem diskutiert.
Ergebnisse: Ein 35-jähriger Patient berichtete über etwa zwei Monate lang bestehende Kopfschmerzen, die spontan sistierten. Sechs Monate später präsentierte sich der Patient mit einem zunehmenden Exophthalmus des rechten Auges, einer deutlichen Injektion und Tortuositas der konjunktivalen, episkleralen, uvealen als auch retinalen Gefäße und einem pulssynchronen Pochen hinter dem Auge. Zudem imponierte eine Druckdekompensation mit einem Augeninnendruckanstieg auf 40 mmHg, die sich unter maximaler konservativer Therapie nur auf Werte um 25 mmHg einstellen ließ. Weiterhin zeigte sich ein Exophthalmus von 5 mm im Seitenvergleich. Der Visus lag seitengleich bei 1,0 und es bestand keine Motilitätsstörung.
Vor dem Verdacht einer indirekten Carotis-Sinus-cavernosus-Fistel mit orbitaler venöser Kongestion wurde eine digitale Subtraktionsangiographie (DSA) durchgeführt. In dieser wurde eine Arterialisierung des Sinus cavernosus mit Beteiligung und retrograder Füllung der rechten Vena ophthalmica superior et inferior festgestellt. Es ließen sich deutliche Zuflüsse aus Ästen der extraduralen Arteria carotis interna rechts nachweisen, welche interventionell durch den Einsatz von drei antithrombogen-beschichteten Flow-Diverter-Stents verschlossen werden konnten. Bei nur kurzfristiger Besserung und dann erneuter Aggravation der Symptomatik wurde erneut eine DSA durchgeführt. Diese ließ nun weitere neue Shunts, ausgehend von Ästen der kontralateralen Arteria carotis interna und der ipsilateralen Arteria carotis externa, erkennen. In zwei weiteren neuroradiologischen Interventionen wurde ein technisch aufwendiger, den Sinus cavernosus schonender, Fistelverschluss durch Einsetzen eines antithrombogen beschichteten Flow-Diverter-Stents in die rechte Arteria carotis interna im intrakraniellen Abschnitt gemeinsam mit mehreren Flüssigembolisationen durchgeführt. Dieses besondere Vorgehen wurde gewählt, da die Standardprozedur – der Coilverschluss des arterialisierten Sinus cavernosus – mit einem relevanten Risiko für irreversible direkte Schädigungen der durch den Sinus cavernosus verlaufenden, für die Okulomotorik essentiellen, Hirnnerven behaftet ist und der Patient als beruflicher Baumkletterer auf sein hochfunktionales Binokularsehen angewiesen bleibt. Im Weiteren ließ sich nun ein Rückgang des Exophthalmus auf 2 mm und eine Senkung des Augeninnendruckanstieges auf 16 mmHg verzeichnen.
Schlussfolgerung: Orbital drainierende Carotis-Sinus-cavernosus-Fisteln erfordern eine exakte bildgebende Diagnostik und ein interdisziplinäres Management. Mitunter sind mehrere neuroradiologische Interventionen erforderlich, um das pathologische Flussverhalten zu kontrollieren. Die ophthalmologische Mitbetreuung dient der Augendruckregulierung und dem Therapiemonitoring in Hinblick auf die morphologischen (Gefäßstau, Exophthalmus) und funktionellen (Visus, Tensio, Motilität) Veränderungen. Der Fistelverschluss ist das Mittel der Wahl für eine dauerhafte Regulierung des Augeninnendruckes.