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183rd Meeting of the Ophthalmologists of the Rhineland and Westfalia

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte

29.01. - 30.01.2021, Hagen (online conference)

Pest und Corona: zur Geschichte medizinischen Handelns in Ungewissheit

Meeting Abstract

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  • Heiner Fangerau - Institut für Geschichte, Theorie und Ethik der Medizin, Heinrich-Heine Universität Düsseldorf

Verein Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. 183. Versammlung des Vereins Rheinisch-Westfälischer Augenärzte. Hagen, 29.-30.01.2021. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2021. Doc21rwa038

doi: 10.3205/21rwa038, urn:nbn:de:0183-21rwa0383

Published: January 29, 2021

© 2021 Fangerau.
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Medizinisches Handeln ist oft Handeln in Ungewissheit. Das gilt für individuelle Behandlung- und Prognosesituationen ebenso wie für das öffentliche Gesundheitswesen – auch und ganz besonders für neu auftretende Infektionskrankheiten. Wie kann in so einer Situation Sicherheit gewonnen werden? Diese elementare Frage steht am Beginn der abendländischen Medizin: Wissen und Wissenschaft einerseits, Handeln und Erfahrung andererseits sind die beiden Quellen, aus denen in der Medizin Gewissheit hergeleitet werden kann. Ärztliches Handeln unterliegt damit in erheblichem Umfang der Kontingenz jedweden menschlichen Handelns. Das aber kann Patientinnen und Patienten nur bedingt zufrieden stellen. Sie erwarten Sicherheit und sichere Prognosen. Wenn die Medizin aber selbst bei Krankheiten, die sie gut kennt, keine eindeutigen Wahrheiten und Prognosen anbieten kann, wie können dann Menschen mit der Unsicherheit der Medizin im Falle der vorliegenden Pandemie umgehen? Sie bilden sich Meinungen und beklagen sich über Meinungswechsel von Ärztinnen und Ärzten, die sich öffentlich zum Stand ihrer Forschung äußern. Gerade hier liegt ein fundamentales Missverständnis vor von dem, was Forschung denn ist. Sie ist unsicher, was ihre Ergebnisse angeht. Sonst wäre sie Dogmatik. Ein Handeln in dieser Unsicherheit aber muss sich auf Wahrscheinlichkeiten, Irrtumsmöglichkeiten und ungewisse Ausgänge gründen. Ein Blick in diese Vorgeschichte der Gegenwart kann verdeutlichen, warum und wie unterschiedliche Herangehensweisen an vergangene Pandemie einer historisch etablierten Logik folgten. Am Beispiel der Cholera-Pandemien des 19. Jahrhunderts und der Grippepandemien des 20. Jahrhunderts werden im Vortrag Muster des medizinischen und politischen Umgangs mit Pandemiegeschehen dargestellt. Diese reichen von der Forschung in Gesundheitsfragen über die Schaffung internationaler Normen und Standards bis hin zu konkreten gesundheitspolitischen Maßnahmen.

Literatur: Fangerau H, Labisch A. Pest und Corona – Pandemien in Geschichte, Gegenwart und Zukunft. Freiburg: Herder; 2020.