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97. Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte

09.11.2024, Mainz

Penetrierende Orbitaverletzung in suizidaler Absicht

Meeting Abstract

  • Julian Kahlert - Homburg/Saar
  • P. Kohlhas - Homburg/Saar
  • B. Seitz - Homburg/Saar
  • F. N. Fries - Homburg/Saar

Verein Rhein-Mainischer Augenärzte. 97.Versammlung des Vereins Rhein-Mainischer Augenärzte. Mainz, 09.-09.11.2024. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc24rma25

doi: 10.3205/24rma25, urn:nbn:de:0183-24rma252

Published: May 16, 2025

© 2025 Kahlert et al.
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Einleitung: Penetrierende Orbitalverletzungen stellen eine seltene, aber äußerst komplexe und potenziell lebensbedrohliche Art von Augenverletzungen dar. Sie erfordern eine rasche und präzise ophthalmologische Diagnostik, um die Integrität des Auges zu bewerten, sowie ein multidisziplinäres Behandlungsteam, um schwere Komplikationen zu vermeiden und optimale funktionelle visuelle Ergebnisse zu erzielen. Eine besondere Herausforderung ist die Abgrenzung zwischen intraokulären und retrobulbären Verletzungen, die sowohl die Sehfunktion als auch die Lebensqualität der Betroffenen stark beeinträchtigen können.

Methoden: Eine 33-jährige Patientin stellte sich in der zentralen Notaufnahme vor, nachdem sie sich im Drogenrausch in der Jugendvollzugsanstalt in suizidaler Absicht einen Kugelschreiber in den medialen Lidwinkel der rechten Orbita eingeführt hatte. Die initiale ophthalmologische Untersuchung zeigte einen reizfreien vorderen Augenabschnitt mit einer weiten, nicht lichtreagiblen Pupille am rechten Auge sowie eine blasse, gestaut erscheinende Papille in der Funduskopie. Die umgehend durchgeführte kraniale Computertomographie (cCT) und CT-Angiographie (CT-A) zeigten, dass der Kugelschreiber medial an der Orbita vorbei durch den Canalis opticus intrakraniell bis in die Spitze der rechten Kleinhirnhemisphäre reichte.

Ergebnisse: Nach der chirurgischen Entfernung des Kugelschreibers zeigte sich ophthalmologisch eine ausgeprägte Chemosis der Bindehaut, eine kleine Blutung an der Eintrittsstelle und eine Erosion bei 5 Uhr. Die Pupille des rechten Auges war weiterhin weit und nicht lichtreagibel. Eine postoperative Verlaufskontrolle mittels nativem cCT zeigte eine minimale Nachblutung rechts zerebellär, ohne relevante Auswirkungen auf die orbitalen Strukturen. Die Patientin verlor die Sehkraft auf dem rechten Auge, erlitt jedoch keine weiteren neurologischen Defizite.

Zusammenfassung: Dieser Fall verdeutlicht die Notwendigkeit einer intensiven augenärztlichen Begleitung bei penetrierenden Orbitalverletzungen, insbesondere bei komplexen Fremdkörpern mit intrakranieller Beteiligung. Die frühzeitige ophthalmologische Untersuchung ist entscheidend für die Einschätzung des Schadensausmaßes am Auge und Sehnerven. Die Kombination aus präziser Diagnostik, umgehender chirurgischer Intervention und postoperativer ophthalmologischer Überwachung ist essenziell, um die Augenfunktion soweit wie möglich zu erhalten und sekundäre Komplikationen frühzeitig zu erkennen. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit bleibt der Schlüssel zur bestmöglichen Wiederherstellung der visuellen Funktionen und zur Vermeidung von Langzeitschäden.