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37. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft

Retinologische Gesellschaft

27.06. - 28.06.2025, Berlin

Herausforderungen beim KI-basierten Screening auf diabetische Retinopathie im klinischen Alltag: Erkenntnisse aus der nicht-mydriatischen Bildgebung und notwendige Anpassungen

Meeting Abstract

  • Broder Poschkamp - Greifswald
  • L. Kantz - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg; Leibniz Institute for Plasma Science and Technology, Greifswald
  • P. Augstein - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • A. Tayar - Greifswald
  • L. Kaderali - Institute of Bioinformatics, University Medicine Greifswald, Greifswald
  • M. Busch - Greifswald
  • B. Bohl - Greifswald
  • S. Paul - Greifswald
  • L. Lüdtke - Greifswald
  • M.C. Bründer - Greifswald
  • D. Schulz - Greifswald
  • H. Grabow - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • E. Gens - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • A. Müller - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • E. Martin - Greifswald
  • W. Kerner - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • J. Reindel - Department of Diabetology, Heart- and Diabetes Centre Karlsburg
  • A. Stahl - Greifswald

Retinologische Gesellschaft. 37. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Berlin, 27.-28.06.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25rg37

doi: 10.3205/25rg37, urn:nbn:de:0183-25rg377

Published: June 13, 2025

© 2025 Poschkamp et al.
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Ziel: Diese Studie untersucht die Leistungsfähigkeit zweier KI-gestützter Screening-Algorithmen für diabetische Retinopathie (DR), IDx-DR und RetCAD von Thirona retina unter realen klinischen Bedingungen ohne medikamentöse Pupillenerweiterung. Ziel ist es, risikobehaftete Patientengruppen zu identifizieren und Herausforderungen der nicht-mydriatischen Bildgebung im routinemäßigen Screening aufzuzeigen.

Methode: Im Rahmen einer prospektiven Untersuchung wurde IDx-DR und in einer retrospektiven Analyse Thironas RetCAD an einer Kohorte von 1.716 Patientinnen des Diabeteszentrums Karlsburg getestet. Beide Algorithmen wurden hinsichtlich Bildanalyse, Schweregradbestimmung und Erkennung überweisungsrelevanter DR evaluiert. Der Vergleich erfolgte mit dem Goldstandard der ärztlich durchgeführten Funduskopie unter Mydriasis. Sensitivität, Spezifität und Bildqualität wurden sowohl für alle Patientinnen als auch für auswertbare Fälle (d.h. Bilder, die durch die KI analysierbar waren) bewertet. Es wurden neue Grenzen für eine fachärztliche Nachuntersuchung anhand des kontinuierlichen DR-Schweregradscores mit Hilfe des Youden-Index festgelegt und als „Greifswald-Modifikation“ benannt.

Ergebnis: Die wichtigsten Risikofaktoren für DR waren eine längere Diabetesdauer, höheres Alter und Typ-1-Diabetes. Bei 5,7% der Patientinnen war keine Bildaufnahme möglich, bei 7,8% wurden die Bildvorgaben von IDx-DR (je ein makula- und papillen-zentriertes Bild pro Auge) nicht erfüllt. Aufgrund unzureichender Bildqualität wurden IDx-DR bei 25,5% der Fälle abgelehnt, während Thirona nur 6,9% der Bilder kennzeichnete, aber für alle Fälle eine Analyse durchführte. Die Sensitivität bei auswertbaren Fällen mit überweisungsrelevanter DR reichte von 70,41% (Thirona) bis 93,63% (Thirona mit Greifswald-Modifikation) und übertraf damit auch die Befundung durch Ärztinnen anhand der Bilder (78,23%). In der Betrachtung aller Patienten (einschließlich der Patienten ohne auswertbarer Fundusfotos) sank die Sensitivität jedoch deutlich, je nach Methode auf 48,24% (Augenärzte an Bildern) bis 79,87% (Thirona mit Greifswald-Modifikation). KI-basierte Screeningstrategien zeigten je nach Umsetzung ein Potenzial zur Reduktion augenärztlicher Untersuchungen um 47,5% bis 78,5%.

Schlussfolgerung: Die Studie verdeutlicht die Diskrepanz zwischen Forschung mit mydriatischen Bildern oder hochqualitativen Datensätzen und der Realität nicht-mydriatischer Bildgebung im Alltag. Letztere führt zu einem deutlichen Leistungsabfall der KI-Algorithmen. Eine Anpassung der Grenzwerte zur Nachuntersuchung basierend aus Daten des Versorgungsalltags kann die Screeninggenauigkeit jedoch deutlich erhöhen und gleichzeitig die augenärztliche Arbeitslast signifikant verringern.