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34th Annual Meeting of the German Retina Society

German Retina Society

01.07. - 02.07.2022, Lübeck

Der Energiestoffwechsel der äußeren Netzhaut: Photorezeptoren nutzen verschiedene Stoffwechselwege, um Glykolyse und Krebs-Zyklus zu entkoppeln

Meeting Abstract

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  • François Paquet-Durand - Tübingen

Retinologische Gesellschaft. 34. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Lübeck, 01.-02.07.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc04.02

doi: 10.3205/22rg17, urn:nbn:de:0183-22rg177

Published: June 29, 2022

© 2022 Paquet-Durand.
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Ein zentraler Aspekt des zellulären Energiestoffwechsels ist die Kopplung von Glykolyse und Krebs-Zyklus durch den Metaboliten Pyruvat. Da jedoch Glykolyse und Krebs-Zyklus durch unterschiedliche Kinetiken gekennzeichnet sind, behindert die Pyruvat-Kopplung die effektive Energieproduktion. Dies ist von besonderer Bedeutung in der Netzhaut, die durch einen enorm hohen, und gleichzeitig hochvariablen, Energiebedarf gekennzeichnet ist.

Um die Stoffwechselwege der retinalen Energieproduktion aufzudecken, haben wir Netzhaut unter vollständig definierten Bedingungen gehalten, verschiedenen Manipulationen ausgesetzt, und dann mittels Metabolomik und verschiedenen in situ Techniken untersucht. Dabei führten experimentelle Manipulationen des Energiestoffwechsels zu einer unterschiedlich starken Degeneration der Photorezeptoren, wohingegen die innere Netzhaut und das retinale Pigmentepithel kaum betroffen waren. Es zeigte sich, dass Stäbchenphotorezeptoren stark auf die oxidative Phosphorylierung, aber nur in geringem Maße auf die Glykolyse, angewiesen waren. Umgekehrt waren die Zapfenphotorezeptoren stark von der Glykolyse abhängig, aber unempfindlich gegenüber einer Unterbrechung der Elektronentransportkette. Eine detaillierte Analyse von Enzymexpressionsdaten kombiniert mit metabolomischen Daten zeigte, dass die Netzhaut drei unterschiedliche Wege benutzt, um Glykolyse und Krebs-Zyklus voneinander zu entkoppeln und die Effizienz der Energieproduktion zu steigern:

1.
den Mini-Krebs-Zyklus, der durch Glutamin und verzweigtkettige Aminosäuren gespeist wird und N-Acetylaspartat erzeugt;
2.
den Alanin-erzeugenden Cahill-Zyklus;
3.
den Laktat-freisetzenden Cori-Zyklus.

Insgesamt bieten die hier skizzierten Wege den Photorezeptorzellen eine bemerkenswerte Vielseitigkeit und Flexibilität, womit eine dynamische Anpassung des zeitlichen und quantitativen Outputs des Energiestoffwechsels ermöglicht wird. Im Gegensatz zu früheren Arbeiten unterstreicht unsere Studie die entscheidende Bedeutung des oxidativen und anaplerotischen Stoffwechsels für die Erhaltung und das Überleben der Stäbchen- und Zapfenphotorezeptoren. Diese Erkenntnisse fördern das Verständnis der Physiologie und Pathologie der Netzhaut und werfen ein neues Licht sowohl auf die neuronale Energiehomöostase als auch auf die Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen.