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29th Annual Meeting of the German Retina Society

German Retina Society

17. - 18.06.2016, Berlin

Wie funktioniert die Theoriebildung in den Naturwissenschaften? Goethe als Wissenschaftsphilosoph im Kampf gegen Newtons Optik

Meeting Abstract

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  • Olaf Müller - Institut für Philosophie, Humboldt-Universität Berlin

Retinologische Gesellschaft. 29. Jahrestagung der Retinologischen Gesellschaft. Berlin, 17.-18.06.2016. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2016. Doc16rg44

doi: 10.3205/16rg44, urn:nbn:de:0183-16rg447

Published: June 16, 2016

© 2016 Müller.
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Goethe griff in seiner "Farbenlehre" (1810) die Theorie Newtons vom Licht und den Farben (1672) an – mit neuen Experimenten und mit einer wissenschaftsphilosophischen Kritik an Newtons Anspruch, seine Theorie aus Experimenten wasserdicht zu beweisen. Laut Goethe passt eine andere Theorie genauso gut zu allen optischen Experimenten wie Newtons, und es ist Zufall, dass sich Newtons Theorie durchgesetzt hat.

In den vergangenen Jahrhunderten hat fast kein Naturwissenschaftler die "Farbenlehre" physikalisch ernst genommen. Ich möchte zeigen, dass Goethe mit seiner Kritik an Newton richtig lag. Anders als viele meinen, lieferte Goethe rational saubere und exakte Wissenschaft. Seine Experimente lassen sich präzise replizieren, und einiger seiner wichtigsten Gedanken haben auch heute noch Bestand. So entdeckte er eine tiefgreifende Symmetrie zwischen Helligkeit und Dunkelheit, die sich im Raum der Farben (und deren Komplementaritätsverhältnissen) fortsetzt.

Die Schwäche der "Farbenlehre" liegt eher dort, wo sie keiner vermutet: Goethe scheint einige Farben in den Experimenten anders wahrgenommen zu haben, als sie aussehen. War Goethe farbenblind?

http://farbenstreit.de/