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Das Mesotheliom der Tunica vaginalis des Hodens – ein histopathologischer Befund mit weitreichenden Konsequenzen für Urologen und Arbeitsmediziner
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Published: | March 1, 2022 |
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Einleitung: Mesotheliome sind Signaltumoren für eine Asbestexposition mit einer sehr ungünstigen Prognose. Sie können überall dort auftreten, wo Mesothel vorhanden ist – also neben Pleura, Peritoneum und Pericard auch Tunica vaginalis des Hodens, die eine Ausstülpung des Peritoneums darstellt. Sie werden unter der Berufskrankheiten-Nummer 4.105 gelistet.
Methode: Deskriptive Auswertung einer Fallserie.
Ergebnisse: Die gesetzlichen Unfallkassen erkannten von 2014 bis 2020 bei 6.526 Patienten ein Mesotheliom als Berufskrankheit (BK) an. Mesotheliome der Pleura sind mit 95% die häufigste Lokalisation. Für die sehr seltenen Mesotheliome der Tunica vaginalis des Hodens existiert kein eigener ICD-10 Code. Daher ist die Inzidenz unbekannt.
In den Jahren 2014–2020 wurden 5 Mesotheliome der Tunica vaginalis wurden dem Institut für Arbeits-, Sozial- und Umweltmedizin in Castrop-Rauxel zur Kausalitätsbeurteilung vorgelegt. Vier der fünf Fälle wurden vom Unfallversicherungsträger als BK anerkannt, der fünfte Fall wurde wegen fehlender Mitwirkung des Versicherten eingestellt.
Bemerkenswert ist, dass bei den 5 Patienten die operative Freilegung des Hodens unter den Verdachtsdiagnosen Hydrozele (n=3) und Spermatozele (n=1) sowie „unbekannt“ (n=1) erfolgte. Eine Asbestexposition war nicht bekannt. Das durchschnittliche Alter bei Erstdiagnose betrug im untersuchten Kollektiv 62,4 Jahre (Bandbreite 48–80 Jahre) und lag somit 5 Jahre niedriger als bei als BK anerkannten Pleuramesotheliom-Patienten der Jahre 1978–2010.
Drei der vier nachverfolgbaren Patienten verstarben nach 10, 15 und 19 Monaten. Einen Wendepunkt in der Therapie des Mesotheliomes stellen die Checkpoint-Inhibitoren dar, die zumindest bei Mesotheliomen der Pleura zu einer signifikanten Verlängerung der medianen Überlebenszeit von 4 Monaten führen.
Schlussfolgerung: Es sei darauf hingewiesen, dass bereits geringste Asbestexpositionen ausreichen, um nach in der Regel jahrzehntelanger Latenz, ein Pleuramesotheliom auszulösen. Daher muss bei einem Mesotheliom grundsätzlich eine BK-Anzeige erstattet werden. Die Anerkennungsrate ist sehr hoch.