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67. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

13.04. - 14.04.2018, Bremen

Multiresistente-Lymphknotentuberkulose und HIV-Infektion

Meeting Abstract

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Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 67. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ). Bremen, 13.-14.04.2018. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2018. Doc18ndgkj09

doi: 10.3205/18ndgkj09, urn:nbn:de:0183-18ndgkj098

Published: April 12, 2018

© 2018 Eschholz et al.
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15-jähriger unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, der sich initial mit einem Symptomkomplex aus nächtlichen Ganzkörperschmerz, Oberbauchschmerzen, Abgeschlagenheit, periodischen abendlichen Fieber und Gewichtsverlust über mehr als vier Wochen vorstellt. Dabei Lymphknotenschwellung axillär und inguinal und erhöhte Entzündungswerte. Erweiterte Labordiagnostik ergab positiven Quantiferon-Gold-Test und positiven HIV Screening-Test. In der Organdiagnostik Nachweis von vergrößerten Lymphknoten pulmonal rechts hilär, beidseits axiliär und links paraaortal. Transbronchiale Lymphknotenbiopsie der Lymphknotenstation 7 ohne kulturellen Nachweis von säurefesten Stäbchen. Erneute, nun mediastinoskopische, Lymphknotenbiopsie der Lymphknotenstation 7. Beginn der tuberkulostatischen 4-fach Therapie mit den Erstrangmedikamenten Isoniazid, Rifampicin, Ethambutol und Pyrazinamid. Es gelang die Diagnosesicherung durch den kulturellen Nachweis von Mykobakterium tuberculosis. Im Verlauf molekulargenetischer und kultureller Resistenznachweis auf alle vier Erstrangmedikamente und Umstellung auf Capreomycin, Moxifloxacin, Terizidon, Protionamid und Paraaminosalicylsäure. Im Verlauf Verschlechterung des Allgemeinzustandes und schließlich respiratorische Globalinsuffizienz und Intubationspflichtigkeit bei multiplen pulmonalen Infiltraten. Längere intensivmedizinische Behandlung mit Antiinfektiva und intensive Beatmung. Kein Nachweis eines spezifischen Erregers, weder im Blut noch im Bronchialsekret. Nach Gabe von Glucocortikoiden, rascher Rückgang der Entzündungswerte und Besserung der pulmonalen Situation. Daher hochgradiger Verdacht auf ein Immunrekonstitutions-Inflammatorisches Syndrom. Bei gebesserten Immunstatus, Allgemeinzustand und Entzündungswerten sowie sechswöchiger tuberkulostatischer Therapie, Beginn der antiretroviralen Therapie mit Lamivudin, Dolutegravir und Abacavir. Entlassung 14 Monate nach Aufnahme. Geplante Beendigung der tuberkulostatischen Therapie im Mai 2018.

Zusammenfassend stellte sich dieser Fall als keinesfalls analog verlaufend zu den klinisch bekannten Tuberkulose-Fällen bei unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen dar. Unter der Erstdiagnose der HIV- Infektion war der Zeitpunkt des Beginns der antiretroviralen Therapie bei notwendiger tuberkulostatischer Therapie eine besondere Herausforderung. Gerade dieser Fall zeigt, wie immens wichtig die Diagnosesicherung durch den kulturellen Nachweis ist. Ohne diesen Erfolg des molekulargenetischen und kulturellen Nachweises von Mykobakterium tuberculosis und dessen Resistogramm wäre die stationäre Therapie stark erschwert gewesen und hätte möglicherweise in einem frustranen Verlauf geendet. Ebenso veranschaulicht dieser Fall, dass im Rahmen der Ko-Infektion und Therapie mit dem Humanen Immundefizienz- Virus möglicherweise mit dem Auftreten eines Immunrekonstitution-inflammatorischen Symdroms als schwere Komplikation zu rechnen ist.