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61. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ)

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e. V.

11.05. - 13.05.2012, Kiel

Angeborene Immunantwort im Rahmen einer in-vitro Sepsis durch Stenotrophomonas maltophilia bei immunkompromittierten Patienten und der Effekt von Taurolidin

Meeting Abstract

  • T. Scholz - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • C. Härtel - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • M. Kuhn - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • M. Bendiks - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • W. Göpel - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • M. Lauten - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck
  • E. Herting - Klinik für Kinder- und Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck

Norddeutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin. 61. Jahrestagung der Norddeutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (NDGKJ). Kiel, 11.-13.05.2012. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2012. Doc12ndgkjP16

doi: 10.3205/12ndgkj16, urn:nbn:de:0183-12ndgkj163

Published: May 8, 2012

© 2012 Scholz et al.
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Text

Einleitung: Stenotrophomonas maltophilia (S. maltophilia) ist ein aufkommender gram-negativer multiresistenter Erreger, wobei unter anderem Patienten mit zentral venösen Kathetern (CVADs) zu einer Risikogruppe für progredient verlaufene Infektionen gehören [1]. In den vergangenen Jahren wurde ebenfalls über Infektionen durch S. maltophilia von Neugeborenen-Intensivstationen berichtet, wobei insbesondere Kinder mit mechanischer Beatmung, total parenteraler Ernährung und langer stationärer Aufenthaltsdauer betroffen waren [2]. Ein genaueres Verständnis von Risikofaktoren könnte die Prävention und Therapie von S. maltophilia assozierten Infektionen verbessern. Aufgrund zahlreicher intrinsischer und erworbener Resistenzmechanismen sind die Möglichkeiten der Antibiotikatherapie eingeschränkt [3]. Beispielsweise kann Taurolidin [bis-(1,1-dioxoperhydro-1,2,4-thiadiazinyl-4)methane], ein Derivat der Aminosäure Taurin mit breiter antibiotischer und fungizider Wirksamkeit sowie geringen Resistenzen eingesetzt werden [4], [5], [6]. Bezüglich des Wirkmechanismus wird vermutet, dass Methylolgruppen aktiver Metabolite von Taurolidin irreversibel mit Wandbestandteilen der Mikroorganismen interagieren, wodurch es zu einer Wachstumshemmung kommt [7]. Zusätzlich ist es von Interesse, dass Taurolidin immunmodulatorische Eigenschaften aufweist. So konnte gezeigt werden, dass zum Einen die durch Lipopolysaccharid (LPS) induzierte monozytäre Il-1 und TNF-α Synthese vermindert und zum Anderen die bakterielle Adhärenz an Epithelzellen verhindert werden kann [8], [9].

In unserer Studie haben wir ein in-vitro Sepsis Modell mit S. maltophilia entwickelt und die monozytäre Zytokinproduktion bei immunkompromittierten Patienten wie Neugeborenen und pädiatrisch onkologischen Patienten untersucht. Weiterhin wurde die immunmodulatorische Rolle von Taurolidin näher beleuchtet.

Methode: Zur Charakterisierung der Immunantwort ist ein in-vitro Modell gewählt worden, in dem die Monozyten im Vollblut stimuliert werden und anschließend die Analyse der Zytokinproduktion auf Zellebene mittels Durchflusszytometrie erfolgt. Wir untersuchten Nabelschnurblut von gesunden, reifen Neugeborenen (n=13, Gestationsalter 37–41 SSW). Peripher venös entnommene Blutproben von gesunden erwachsenen Blutspendern dienten als Kontrollgruppe. Die Kohorte der pädiatrisch onkologischen Patienten (n=10, onkologische Grunderkrankungen: n=3 ALL, n=3 Neuroblastom, n=1 Weichteilsarkom, n=1 Ependymom, n=1 Nephroblastom und n=1 Hodgkin Lymphom) wurden außerhalb eines Zelltiefs untersucht. Als Einschlusskriterien galt eine WBC (white blood cells) ≥2 x 106/mL und die Anlage eines CVADs (Central venous accsess device). Vor Eintritt in die Studie wurde, nach vorausgegangener ausführlicher Aufklärung über das Studienvorhaben, eine schriftliche Einverständniserklärung der Erziehungsberechtigten eingeholt. Die Genehmigung der Studien erfolgte über die Ethikkommission der Universität zu Lübeck.

Ergebnisse: In allen untersuchten Patientengruppen konnte eine proinflammatorische Zytokinproduktion nachgewiesen werden. Neugeborene zeigen im Vergleich zu Erwachsenen eine mangelnde monozytäre Il-8 und TNF-α-Synthese im in-vitro Sepsis Modell mit LPS und S. maltophilia. Eine im Vergleich niedrigere Il-6 Produktion zeigte sich ausschließlich bei der Stimulation mit 1CFU/WBC S. maltophilia.

Bezüglich der Untersuchung der angeborenen Immunantwort pädiatrisch onkologischer Patienten bei verschiedenen in-vitro Sepsis Modellen zeigte sich kein Unterschied zur Kontrollgruppe. Es konnte gezeigt werden, dass der Zusatz von 20 µg/ml Taurolidin in einer verminderten Il-6 und TNF-α-Synthese resultierte. Eine Konzentration von 50 µg/ml Taurolidin war nötig, um eine Veränderung der Il-8 Produktion hervorzurufen.

Diskussion: In der vorliegenden Studie wurde ein in-vitro Sepsis Modell mit S. maltophilia etabliert und die proinflammatorische Zytokinsynthese bei immunkompromittierten Patienten untersucht. Hierbei wurde eine verminderte Zytokinproduktion nachgewiesen. Das angeborenen Immunsystems ist ein wichtiger Abwehrmechanismus für Neugeborene und dessen Reifung stellt einen wichtigen Bestandteil der frühen postnatalen Entwicklung dar [10]. Die Beeinträchtigung der adäquaten Zytokinregulation bei Neugeborenen könnte ein Schlüsselelement für die Prädisposition für Infektionen mit gram-negativen Bakterien sein [11]. Daher sind präventive Maßnahmen insbesondere suffiziente Hygienestandards und Minimierung invasiver Prozeduren von großer Bedeutung.

Die vorliegende Untersuchung kann zum Einen zeigen, dass das angeborene Immunsystem pädiatrisch onkologischer Patienten im in-vitro Sepsis Modell durch S. maltophilia eine proinflammatorische Zytkokinantwort aufweist und zum Anderen, dass diese durch eine Taurolidinkonzentration von 20–50 µg/ml suffizient inhibiert werden kann. Verglichen mit der minimalen Hemmkonzentration (MHC), welche zwischen 500–1000 µg/ml [6] liegt, zeigen sich antiinflammatorische Mechanismen bei bereits geringeren Konzentrationen. Wir konnten zeigen, dass der immunmodulatorische Effekt von Taurolidin sowohl bei pädiatrisch onkologischem Patienten wie auch bei gesunden Erwachsenen Blutspendern dosisabhängig ist. Auch bei höheren Konzentrationen konnte kein zytotoxischer Effekt nachgewiesen werden.


Literatur

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