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9. Mitteldeutscher Wundkongress

22.03. - 23.03.2019, Magdeburg

Fluoreszenzbildgebung in der Herzchirurgie – Integraler Bestandteil eines innovativen Wundkonzeptes

Meeting Abstract

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  • Heinrich Rotering - Universitätsklinik Münster, Departement für Herzchirurgie, Münster

9. Mitteldeutscher Wundkongress. Magdeburg, 22.-23.03.2019. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; . Doc19mdw25

doi: 10.3205/19mdw25, urn:nbn:de:0183-19mdw251

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Wundinfektionen stellen auch in der Herzchirurgie für betroffene Patienten ein bislang nur unzureichend gelöstes Problem dar. Neben den zum Teil erheblich verlängerten, stationären Liegezeiten und den damit verbundenen zusätzlichen Behandlungskosten sind insbesondere die tiefen Wundinfekte mit einer immer noch hohen Sterblichkeit belastet [1].

Es besteht daher der dringende Bedarf an einem innovativen Behandlungskonzept, welches das Infektionsgeschehen in der Wunde effektiv und zügig unter Kontrolle bringt. Für eine zielgerichtete Behandlung ist neben der schnellen und sicheren Diagnosestellung auch die Überprüfung der Behandlungsfortschritte wichtig, um gegebenenfalls die erforderlichen Therapiemaßnahmen zeitnah anpassen zu können.

Die Visualisierung der infektiologischen Hot-Spots im Wundgebiet mit Hilfe der Fluoreszenzfotographie ermöglicht eine Echtzeitanalyse (real time) des Wundgrundes und der Wundumgebung [2]. Eine direkte Erfolgskontrolle nach gezielter Behandlung (guided treatment) erlaubt es, ein gewebeschonendes Debridement vorzunehmen und dem Patienten so ein radikales und möglicherweise viel invasiveres Vorgehen zu ersparen.

Aufgrund der hohen prädiktiven Vorhersagewahrscheinlichkeit von 100 % durch das Verfahren der Fluoreszenzbildgebung lässt sich die mikrobiologische Diagnostik wesentlich zielgerichteter und sicherer durchführen. Das Risiko falsch negativer Abstrichergebnisse kann so deutlich reduziert werden [3].

Zwei Patientengruppen des herzchirurgischen Fachgebietes konnten bislang von einem Wundkonzept profitieren, welches aus einer Kombination von kaltem atmosphärischen Plasma (CAP) und der Verwendung von Aktivkohle-NPWT (aNPWT) besteht. In diesem Therapieverfahren dient die Fluoreszenzfotographie als wesentlicher Bestandteil zum einen zur Identifikation der Infektionsherde und zum anderen zur gezielten Behandlung und Kontrolle des Therapieerfolges.

Behandelte Patientengruppen:

  • Patienten mit Infektionen an Herzunterstützungssystemen (Left Ventricular Assist Device: LVAD), häufig im Bereich der Eintrittsstelle des Steuerkabels (Driveline)
  • Patienten mit sternaler Wundinfektion nach herzchirurgischen Eingriffen

Behandlungsprotokoll: Nach Entfernung des Verbandes erfolgt zuerst die fotographische Wunddokumentation inklusive der Fluoreszenzbildgebung. Die Entnahme eines Abstriches wird dann bei positivem Fluoreszenzsignal im Wundgrund gezielt vorgenommen, andernfalls in standardmäßiger Technik.

Zur Vorbereitung der Plasmatherapie wird die Wunde oder das infizierte Steuerkabel des LVAD-Systems mit Hypochloridlösung gespült. Die daran unmittelbar anschließende Plasmabehandlung erfolgt pro betroffenem Wundareal für 3 bis 5 Minuten. Nach erneuter Spülung der Wunde mit Hypochloridlösung wird dann der neue Verband, in der Regel bestehend aus Aktivkohle und NPWT-Schwamm, angelegt.

Gemäß dem intensivierten Behandlungsprotokoll erfolgen die Verbandswechsel und die Plasmatherapie im Abstand von 2 – 3 Tagen. Um das Risiko einer Migration der Erreger in das umliegende Gewebe zu minimieren, wird begleitend eine resistogrammgerechte, antibiotische Therapie durchgeführt.

Nach Rückgang der Infektparameter und Konsolidierung des Wundgrundes kann dann der operative Wundverschluss durchgeführt werden. Im Falle der tiefen Sternuminfektion ist auf diesem Wege die Restabilisierung des Brustbeins mit winkelstabilen Osteosyntheseplatten möglich.

Ergebnisse: Für eine Gruppe von 9 Patienten mit infizierten LVAD-Systemen im Beobachtungszeitraum von Januar 2016 bis Januar 2018 konnte die Effektivität dieses innovativen Behandlungskonzeptes nachgewiesen werden. Bei 6 Patienten gelang die komplette Ausheilung der Infektion am Implantat, für 3 Patienten konnte das Infektionsgeschehen kontrolliert und das Wundareal bis auf einen kleinen Restbefund minimiert werden. Von diesen drei Patienten wurde ein Patient später erfolgreich transplantiert.

Im Beobachtungszeitraum von Juli 2016 bis Juni 2018 konnten 15 Patienten mit früh postoperativer, prästernaler Wundheilungsstörung diesem Behandlungskonzept zugeführt werden. Nach einer durchschnittlichen Behandlungszeit von 16 Tagen konnten bei 14 Patienten die sternalen Drahtcerclagen in situ belassen werden. Der Wundverschluss erfolgte bei diesen Patienten durch Sekundärnaht oder M. Pectoralisplastik. Ein radikaleres Debridement mit kompletter Entfernung des Osteosynthesematerials war hier nicht erforderlich. Somit entfielen bei diesen Patienten die Notwendigkeit einer später wesentlich aufwendigeren Sternumrestabilisierung oder anderer plastisch-rekonstruktiver Therapiemaßnahmen. Bei einem Patienten war das Sternum trotz begleitender Infektion nach einem Monat bereits soweit knöchern verheilt, dass die Sternalcerclagen ohne Beeinträchtigung der Sternumstabilität zum Zeitpunkt der Revisionsoperation entfernt werden konnten.

Bei allen Patienten konnte somit das Therapieziel der kompletten Wundheilung mit stabilem Sternum erreicht werden.

Schlussfolgerung: Das Behandlungskonzept bestehend aus kaltem, atmosphärischen Plasma und Aktivkohle-NPWT bietet eine realistische Option zur Therapie des infizierten Implantates. Ferner kann durch Kontrolle des Behandlungsfortschrittes mittels Fluoreszenzfotographie ein gewebeschonendes und chirurgisch weniger aggressives Vorgehen im Sinne des radikalen Debridements realisiert werden.

Das Behandlungsverfahren wird aufgrund der schmerzfreien Anwendung von den Patienten gut toleriert. Nebenwirkungen wurden bislang nicht beobachtet.

Abbildung 1 [Abb. 1], Abbildung 2 [Abb. 2]


Literatur

1.
Beckmann A, Doebler K, Schaefer E, Koetting J, Gastmeier P, Graf K. Sternal surgical site infection prevention - is there any room for improvement? Eur J Cardiothorac Surg. 2011 Aug;40(2):347-51. DOI: 10.1016/j.ejcts.2010.12.016g External link
2.
Blumenthal E, Jeffery S. Autofluorescence Imaging for Evaluating Debridement in Military and Trauma Wounds. Mil Med. 2018 Mar 1;183(suppl_1):429-32. DOI: 10.1093/milmed/usx145g External link
3.
Rennie MY, Lindvere-Teene L, Tapang K, Linden R. Point-of-care fluorescence imaging predicts the presence of pathogenic bacteria in wounds: a clinical study. J Wound Care. 2017 Aug 2;26(8):452-60. DOI: 10.12968/jowc.2017.26.8.452 External link