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15. Fachtagung Luftrettung

ADAC Luftrettung gGmbH

29. - 31. Oktober 2013, Mainz

Der Verbrennungspatient in Luftrettung und Ambulanzflugdienst – kühlen Kopf bewahren!

Meeting Abstract

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  • Jean-Ernst Harbarth - München

15. Fachtagung Luftrettung. Mainz, 29.-31.10.2013. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2013. DocHS 6.6

doi: 10.3205/13luft14, urn:nbn:de:0183-13luft148

Published: November 12, 2013

© 2013 Harbarth.
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In 26 deutschen Verbrennungszentren wurden in 2010 insgesamt 1700 Patientenintensivmedizinisch behandelt. Dies entspricht einem Anteil von ca. 10% aller stationär behandelten Brandverletzten. Häusliche Unfälle stellen mit über 50% die Hauptursache für Brandverletzungen dar, gefolgt von Arbeitsunfällen (25%), suicidalen Handlungen, Verkehrsunfällen und Verbrechen.

In der präklinischen Versorgung des Verbrennungspatienten stehen die gewissenhafte Untersuchung sowie – neben Basismassnahmen – die Sicherung der Vitalfunktionen im Vordergrund, gefolgt von der Auswahl der Zielklinik sowie der Transportlogistik. Zu den Basismassnahmen an der Unfallstelle gehören die Verhinderung weiterer thermischer Schädigung, der Schutz vor Unterkühlung und Wundkontamination. Zur Berechnung der erforderlichen Infusionsmenge wird in Deutschland die Parkland-Baxter-Formel verwendet, wobei präklinisch keine vorauseilende Flüssigkeitstherapie erforderlich ist. Indikationen zur frühzeitigen Intubation ergeben sich bei Verbrennungen und Verätzungen im Gesichtsbereich sowie bei Anzeichen für ein Inhalationstrauma mit Ödembildung, ferner bei allen Verbrennungen mit über 20% VKOF und erwartbarer generalisierter Ödembildung. Auf eine suffiziente Analgesie ist bei allen Traumata stets zu achten. Die Kombination aus Esketamin und Midazolam hat sich hier bewährt.

Patienten mit thermomechanischen Kombinationstrauma werden zur Erstversorgung in das nächste geeignete Traumazentrum transportiert. Die Weiterverlegung erfolgt dann postprimär, zentral koordiniert. Regelhaft finden diese Transporte luftgebunden statt. Neben der Erstversorgung stellt der Transport von Verbrennungspatienten für die Luftrettung eine Herausforderung dar: Bei beengten räumlichen Verhältnissen und eingeschränkter Interventionsmöglichkeit gilt ein besonderes Augenmerk der sicheren Fixierung der Zugänge und des Tubus. Ein Wärmeverlust ist unbedingt zu vermeiden, daher ist der Einsatz spezieller Verbrennungsverbandsmittel abzulehnen. Bei der technischen Basisüberwachung muss beachtet werden, dass bei Inhalationstrauma die SaO2-Werte nur bei Verwendung von Geräten mit 8-Wellen-Absorptionstechnologie verwertbar sind.

Beim Transport von Verbrennungspatienten mittels Ambulanzflug handelt es sich fast ausschließlich um Auslandsrückholungen, die frühestens in der Postprimärphase, dann meistens wegen manifester Unterversorgung vor Ort, durchgeführt werden. Die Mehrzahl der Patienten befindet sich zum Transportzeitpunkt bereits in Phase zwei oder drei der Verbrennungskrankheit, nämlich der Rückresorptionsphase bzw. der Spätphase mit Inflammation und Sepsis. Die Repatriierung von Schwerbrandverletzten ist zu jedem Zeitpunkt mit einem deutlich erhöhten Transportrisiko behaftet. Abhängig von der Vollständigkeit und Qualität der chirurgischen und intensivmedizinischen Erstversorgung können für die Transportphase wie auch die weitere Therapie bereits erhebliche Kompliaktionen eingetreten sein: Dies betrifft das abdominelle und muskuläre Kompartmentsyndrom, das Lungenversagen mit Pneumonie, die Kathetersepsis und nicht zuletzt die Kolonisation bzw. Infektion mit hochresistenten Keimen. Voraussetzungen für eine sichere Transportdurchführung sind daher: Eine minutiöse Abklärung im Vorfeld, der Solotransport ingeeignetem Fluggerät, die Krankenhausabholung, Isolationsmaßnahmen und Wärmemanagement an Bord, die Mitführung erweiterten Monitorings, ggfs. zur Anlage vor Ort, sowie das Vorhandensein geeigneter kristalloider und kolloidaler Volumenersatzmittel neben sterilen Verbandsmaterial in ausreichender Menge.


Literatur

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