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10. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT 2010)

Deutsche Gesellschaft für Infektiologie,
Deutsche AIDS-Gesellschaft,
Deutsche Gesellschaft für Tropenmedizin und Internationale Gesundheit,
Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie

23.06. - 26.06.2010, Köln

Cerebelläre Syndrome bei HIV-Infektion

Cerebellar syndrome in HIV-infection

Meeting Abstract

  • O. Degen - Ambulanzzentrum des UKE GmbH, Infektiologie, Hamburg, Germany
  • S. Hertling - Ambulanzzentrum des UKE GmbH, Infektiologie, Hamburg, Germany
  • F. Leypoldt - Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Neurologie, Hamburg, Germany
  • J. van Lunzen - Ambulanzzentrum des UKE GmbH, Infektiologie, Hamburg, Germany

10. Kongress für Infektionskrankheiten und Tropenmedizin (KIT 2010). Köln, 23.-26.06.2010. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2010. DocP129

doi: 10.3205/10kit183, urn:nbn:de:0183-10kit1839

Published: June 2, 2010

© 2010 Degen et al.
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Text

Hintergrund: Isolierte cerebelläre Syndrome ohne zugrunde liegende opportunistische Infektionen, hereditäre oder metabolische Ursachen oder HIV-Encephalopathie sind selten, ihre Genese weitgehend unklar.

Methodik: Es werden die Charakteristika zweier Patienten mit subakut aufgetretenen cerebellären Syndromen bei HIV-Infektion beschrieben.

Resultate:

Patient 1: 62a, HIV C3, ED 01/90, Z.n. MAI, ART seit 06/97, 12/2007: HIV-VL <LQ, CD4 407/µl (21%), ART: ABC/3TC/EFV. Progrediente Gangunsicherheit, Sprachstörung.

Z.n. Alkoholabusus bis 1997.

Patient 2: 57y, HIV B3 bei PNP, ED 08/06, CD4 93 /µl (7%), HIV-VL 120.000 c/ml. Bei ED progrediente Gangunsicherheit und Koordinationsstörung der Extremitäten. Umgehend Beginn ART mit AZT, TDF/FTC, LPV/r. Schnelle Immunrekonstitution mit aktuell CD4 390/µl (22%), HIV-VL <LQ. Klinisch bei beiden Patienten cerebelläres Syndrom (skandierende Sprache, dystaktische, hypermetrische Folgeversuche und Sakkaden, Dysdiadochokinese, Titubation, breitbasiges Gangbild) und Myelon-Syndrom (Pallhypästhesie, Babinski bds. positiv, leichte Paraspastik, Reflexbetonung). Bei beiden Patienten bestand im cMRT eine cerebelläre Atrophie, ein unauffälliges spinales MRT und in der neuropsychologischen Testung keine Defizite hinweisend auf eine Encephalopathie. Patient 1 hatte bis auf identische Banden einen unauffälligen Liquorbefund, Patient 2 eine lymphozytäre Pleozytose (170/3 Zellen/ml) und isolierte oligoklonale Banden. Die umfangreiche infektiologische, autoimmunologische, alimentäre, bildmorphologische und humangenetische Diagnostik erbrachte keinen Hinweis auf eine andere Genese. Im Verlauf (2–2,5 Jahre) kam es zwar zu einer Stabilisierung der cerebellären Störung jedoch bei deutlichen Residuen. Beide Patienten sind dauerhaft erwerbsunfähig, auf Gehhilfen und häusliche Pflege angewiesen.

Schlussfolgerung: Cerebelläre Syndrome sind häufig bei HIV-Encephalopathie oder opportunistischen Infektionen, treten jedoch selten auch isoliert auf. Neben anderen viralen Ursachen werden auch Immunrekonstitutionssyndrome und neurotoxische Mechanismen in der Genese diskutiert. Die Prognose ist unterschiedlich, benigne Verläufe sind beschrieben.