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Vom Krankenbett zum Assessment – Möglichkeiten und Grenzen der Bewertung sozialer Kompetenzen durch Simulationspatient*innen
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Published: | June 4, 2025 |
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Simulationspatient*innen (SP) spielen eine zunehmend wichtige Rolle in der medizinischen Ausbildung, insbesondere bei der Bewertung und dem Feedback zu den klinischen und sozialen Kompetenzen von Studierenden (z. B. [2], [3]). Ihr Einsatz zur Evaluation sozialer und kommunikativer Fähigkeiten bietet potenzielle Vorteile, da sie in bestimmten Kontexten das Feedback von Lehrpersonen ergänzen können und so einen weiteren Anhaltspunkt für die Reflexion der kommunikativen und sozialen Fähigkeiten von Studierenden liefern.
Diese Studie zielt darauf ab, die Genauigkeit der Bewertung sozialer Kompetenzen durch SP systematisch zu untersuchen. Dabei werden sowohl die Möglichkeiten als auch die Grenzen dieses Ansatzes beleuchtet, um die Einsatzpotenziale von SP in der medizinischen Lehre besser zu verstehen. Hieraus werden Empfehlungen für zukünftige Forschung oder auch praktische Lehrveranstaltungen abgeleitet.
An der Studie nahmen insgesamt 128 Medizinstudierende im ersten Studienjahr teil (M Alter=20,27 Jahre; 66,14% weiblich). Die Teilnehmer*innen durchliefen drei verschiedene fünfminütige interpersonelle Simulationen mit Simulationspatient*innen, von denen jede auf die Bewertung einer spezifischen sozialen Kompetenz ausgerichtet war. Die Einschätzung der sozialen Kompetenzen erfolgte in den Domänen Agency (i.S.v. durchsetzungsstarkem Verhalten), Communion (i.S.v. warmherzigem Verhalten) und Interpersonelle Resilienz ((i.S.v. Stressresistenz) basierend auf Breil et al., 2022 [1] durch Simulationspatient*innen, externe Beobachter*innen und die Studierenden selbst.
Die Ergebnisse zeigen signifikante positive mittlere bis hohe Korrelationen zwischen den Bewertungen der SP und denen der externen Beobachter*innen in allen drei Kompetenzbereichen, jedoch keine signifikante Korrelation zwischen den Selbsteinschätzungen und den SP-Bewertungen. Die Interrater-Übereinstimmung war moderat bis hoch zwischen SP und Beobachter*innen (ICC=.58 für Agency, ICC=.39 für Communion, ICC=.92 für Interpersonelle Resilienz), jedoch nahe null für die Selbsteinschätzungen in den Domänen Agency (ICC=-.04) und Communion (ICC=-.02) und negativ für Interpersonelle Resilienz (ICC=-.21).
Die Ergebnisse zeigen, dass die Bewertungen der Simulationspatient*innen (SP) mittel bis gut mit denen externer Beobachter*innen übereinstimmen. Gleichzeitig liefern beide Perspektiven jeweils wertvolle Einblicke in das soziale Interaktionsverhalten von angehenden Mediziner*innen. Eine Kombination beider bzw. aller drei Bewertungsansätze ermöglicht eine umfassendere Einschätzung sozial kompetenten Verhaltens. Während externe Beobachter*innen durch ihre geringere kognitive Beanspruchung in der Lage sind, mehr Details wahrzunehmen, bieten Simulationspatient*innen als direkte Interaktionspartner*innen eine einzigartige Perspektive auf das soziale Interaktionsverhalten der Studierenden. Ein multifaktorieller Bewertungsansatz wird im medizinischen Training empfohlen, um das gesamte Spektrum sozialer Kompetenzen adäquat abzubilden und die Vorteile unterschiedlicher Evaluationsmethoden zu nutzen. Die Befunde sprechen für die Notwendigkeit der weiteren Erforschung von unterschiedlichen Bewertungspersektiven sozialer Kompetenzen. So könnte man beispielsweise Hypothesen über Gründe für die Übereinstimmungen beziehungsweise Abweichungen in der Bewertung zwischen SP und externen Beobachter*innen aufstellen und überprüfen.
Literatur
- 1.
- Breil SM, Mielke I, Ahrens H, Geldmacher T, Sensmeier J, Marschall B, Back MD. Predicting Actual Social Skill Expression from Personality and Skill Self-Concepts. J Intell. 2022;10(3):48. DOI: 10.3390/jintelligence10030048
- 2.
- George RE, Wells H, Cushing A. Experiences of simulated patients in providing feedback in communication skills teaching for undergraduate medical students. BMC Med Educ. 2022;22(1):339. DOI: 10.1186/s12909-022-03415-6
- 3.
- Sommer M, Fritz AH, Thrien C, Kursch A, Peters T. Simulated Patients in Medical Education - A survey on the current status in Germany, Austria and Switzerland. GMS J Med Educ. 2019;36(3):Doc27. DOI: 10.3205/zma001235