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Theaterpädagogik und Simulation
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Published: | June 4, 2025 |
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Hintergrund und Fragestellung: Die Methode, Schauspieler*innen zur Simulation von Patient*innen in der Medizindidaktik einzusetzen, wurde bereits in den 1960er-Jahren in den USA entwickelt. In Deutschland ist die Methode – abgesehen von einigen Versuchen in den 1980er-Jahren – erst seit Beginn des 21. Jahrhunderts an medizinischen Hochschulen zu finden, entwickelt sich seither jedoch rasant. An manchen Lernorten sind ganze Simulationskrankenhäuser errichtet worden, in denen Studierende in realistisch nachgebauten Krankenzimmern mit Simulationspersonen ihr Handeln als Ärzt*innen üben oder auch in ihren Fähigkeiten geprüft werden können. Mit der Etablierung der Simulation mit Simulationspersonen im deutschsprachigen Raum wurden in den vergangenen zehn bis 15 Jahren zunehmend Theaterpädagog*innen für die Durchführung der Methode eingestellt. Als Simulationspersonen-Trainer*innen konzeptionieren und inszenieren sie an vielen Standorten in Zusammenarbeit mit Mediziner*innen die Simulations-Szenarien, schulen und organisieren die Simulationspatient*innen.
Im Gegensatz zur Praxis ist die Simulation sowohl in theaterpädagogischer Literatur als auch in der Ausbildung von Theaterpädagog*innen bisher fast gar nicht zu finden.
In diesem Beitrag wird versucht, diese Lücke zwischen Theorie und Praxis zu verkleinern. Die Simulation wird aus theaterpädagogischer Perspektive diskutiert. Es werden Gemeinsamkeiten und Unterschiede zu vergleichbaren theaterpädagogischen Konzepten und Formaten wie dem Rollenspiel oder dem Forumtheater erörtert. Abschließend wird ein Ausblick gegeben, was eine Implementierung der Simulation in das Feld der Theaterpädagogik für die theaterpädagogische Lehre bedeuten würde.
Material und Methoden: Es wurden Handbücher und Leitfäden der Simulation mit theaterpädagogischer Literatur verglichen. Zur Abbildung der Simulation wurde vor allem auf die Best Practice Aufzeichnungen der Association of Standardized Patient Educators und auf das Buch „Simulationspatienten“ der deutschsprachigen Simulationspersonen-Programme zurückgegriffen. Für die theaterpädagogische Einordnung wurden zunächst theaterpädagogische Übersichtswerke sowie Artikel der Zeitschrift für Theaterpädagogik verwendet. Daraus abgeleitet wurden theaterpädagogische Ansätze und Konzepte, die mit der Simulation vergleichbar sind. Diese Konzepte wurden anschließend im Original mit der Simulation verglichen.
Ergebnisse: Die Simulation in der (medizinischen) Lehre lässt sich als Aufgabengebiet in das Fach Theaterpädagogik integrieren. Sie weist Ähnlichkeiten mit Formaten und Konzepten auf, die vorwiegend in den 1970er-Jahren entwickelt wurden, in denen mithilfe des Theaters Versuchsräume für Handeln in der Realität gestaltet werden. Hinsichtlich der Ziele und der Methodik weist die Simulation jedoch auch Unterschiede auf. Die Ziele für eine Simulation konzentrieren sich weniger auf gesellschaftsveränderndes und gruppenorientiertes Lernen, sondern darauf, dass Individuen ihre Rolle für ein bestehendes System in sicherer Umgebung erlernen. Methodisch wird in der Simulation nicht mit Verfremdungselementen gearbeitet. Die Einbindung externer Schauspieler*innen und die Standardisierung von Szenen sind Aspekte, die in vielen geläufigen theaterpädagogischen Lehr- und Lernformaten nicht zu finden sind.
Diskussion/Schlussfolgerung: Aus diesen Unterschieden ergeben sich Herausforderungen und Chancen für die Theaterpädagogik. Die Simulation kann Theaterpädagog*innen die Möglichkeit geben, interprofessionell mit Theatermethoden an Institutionen zu wirken. Eine Implementierung der Simulation in die theaterpädagogische Lehre kann sowohl die Simulation als auch die Theaterpädagogik bereichern. Es könnten Versuchsräume entstehen, um die Simulation als Methode weiterzuentwickeln, wovon auch die Medizindidaktik profitieren könnte.