Article
Woche der interprofessionellen Zusammenarbeit am Gesundheitscampus Göttingen
Search Medline for
Authors
Published: | June 4, 2025 |
---|
Outline
Text
Hintergrund und Motivation: Der Frage nachgehend, welche didaktischen Konzeptionen genutzt werden können, um in der hochschulischen Ausbildung in den Gesundheits- und Sozialberufen Kompetenzen zur interprofessionellen Zusammenarbeit anzubahnen, wurde an der Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst (HAWK) in Göttingen die sogenannte Interprofessional Collaboration Week (kurz IPC-Woche) ins Leben gerufen. Ziel dieses einwöchigen Formates ist die koordinierte Zusammenarbeit unterschiedlicher Berufsgruppen, um über, von und miteinander zu lernen sowie eine effektive Gesundheitsversorgung im Rahmen zweier simulierter Fallkonferenzen herzustellen [1]. Diese bieten den Studierenden die Möglichkeit, in der sicheren Umgebung der Hochschule klinische Entscheidungsfindung sowie Teamarbeit zu üben und hinsichtlich der erlebten Berufspraxis kritisch zu reflektieren.
Beschreibung des Konzepts: Die IPC-Woche ist ein Format des Gesundheitscampus Göttingen, einer Kooperation der HAWK und der Universitätsmedizin Göttingen (UMG). In Anlehnung an Kälble (2004) arbeiten angehende Angehörige der Physiotherapie, Logopädie, der Pflege und Sozialen Arbeit im Gesundheitswesen in zwei Fallkonferenzen unmittelbar zusammen und lernen die jeweiligen Spezialisierungen, die beruflichen Selbst- und Fremdbilder als auch die unterschiedlichen Kompetenzbereiche und Tätigkeitsfelder der jeweiligen Professionen kennen [2]. Als didaktischer Ansatz wird sich dabei am Skills-Lab-Konzept orientiert [3]. Gerahmt von einer Kick-off-Veranstaltung, gefolgt von mehreren Arbeitsaufträgen führen die Studierenden zwei Anamnesen mit Simulationspersonen (SP) der UMG in zwei unterschiedlichen Fallszenarien durch. Anschließend folgt eine gemeinsame Nachbereitung und Durchführung der interprofessionellen Fallkonferenz. Ziel ist die Erstellung eines Versorgungsplanes, welcher der jeweiligen SP vorgestellt wird. Im Zuge dessen entwickeln sich die professionelle und interprofessionelle Identität wie auch die Handlungskompetenzen der Studierenden weiter. Die Simulation wird von der SP mit einem unmittelbaren Feedback geschlossen und in eine anschließende gemeinsame Reflexionsphase in der Großgruppe übergeleitet. Für die Fallszenarien werden die SP rollenspezifisch aus dem SP-Pool ausgewählt, sodass die Anforderungen von Darstellung und Lernsetting mit vorheriger Schulung bestmöglich umgesetzt werden können.
Kritische Reflexion: Die abschließende ad-hoc Evaluation anhand unterschiedlicher Leitfragen am letzten Tag der IPC-Woche zeigt, dass das Format von den Studierenden aller Berufsgruppen, trotz unterschiedlicher Fachsemester, überwiegend positiv angenommen wird. Ebenso gelingt die Reflexion der eigenen beruflichen Handlungskompetenz. Dabei werden auch das Gesundheitssystem selbst bzw. die bisherige Praxiserfahrung der eigenen Ausbildung kritisch diskutiert. Nach Einschätzung der Studierenden aus der standardisierten Lehrevaluation wird der Kontakt zu den anderen Professionen als wertvoll erfahren. Ebenso wurde angegeben, dass der Wissenserwerb und interprofessionelle Austausch sowie die eigene professionelle Sicherheit von Bedeutung waren.
Ausblick: Ziel der Referent*innen ist es, nicht nur die konkrete Gestaltung der IPC-Woche darzulegen, sondern insbesondere die dahinterstehenden didaktischen Konzeptionen näher zu beleuchten. Das beinhaltet sowohl die Vor- und Nachbereitung, u. a. mit SP, die Erstellung der Fallszenarien, als auch die organisatorische Durchführung der Simulationswoche an sich. Zum didaktischen Konzept gehören neben den Kompetenzzielen auch Aspekte der geschützten Lernumgebung für Studierende und SP, der Raum für eine weite interprofessionelle Interaktion sowie die Reflexion hinsichtlich des Praxistransfers im Allgemeinen. Diskutiert werden soll die Frage, ob Instrumente wie die „Interprofessional Socialization and Valuing Scale“ (ISVS-21-D) zukünftig als Evaluationsinstrument angewandt werden kann und sollte. Die Aufnahme einer solchen Befragung in das GCG-Studierendenpanel ist in Planung.
Literatur
- 1.
- World Health Organisation. Framework for Action on Interprofessional Education & Collaborative Practice. Geneva: WHO; 2010.
- 2.
- Kälble K. Interdisziplinäre Kooperation und verwandte Begriffe. In: Kaba-Schönstein L, Kälble, editors. Interdisziplinäre Kooperation im Gesundheitswesen. Eine Herausforderung für die Ausbildung in der Medizin, der Sozialen Arbeit und der Pflege. Frankfurt am Main: Mabuse; 2004. p.39-42.
- 3.
- Herzig T. Das Skills Lab als kompetenzorientiertes Lehr-/Lernarrangement: eine theoretische Verortung simulationsbasierten Lernens. In: Forbrig T, Gräske J, editors. Simulationsbasiertes Lehren und Lernen in der Pflegebildung. Kompetenzen, Spezialgebiete und Strukturen. Heidelberg: medhochzwei; 2023. p.7-21.