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Praxisbericht Visitentraining 1
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Published: | June 4, 2025 |
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Hintergrund: Ärzt*innen treffen im Berufsalltag nicht nur auf unterschiedliche Krankheitsbilder, sondern auch auf Menschen mit individuellen sprachlich-kulturellen Hintergründen. Eine optimale Patient*innenversorgung kann u.a. nur gewährleistet werden, wenn medizinisches Personal professionell mit etwaigen kommunikativen Herausforderungen (z.B. Sprachbarrieren oder Schwerhörigkeit) umgehen kann [1]. Das Studienhospital der Universität Münster bietet Studierenden die Möglichkeit, sich in einer geschützten Lernatmosphäre adäquat auf diese beruflichen Anforderungen vorzubereiten, indem sie in der Lehrveranstaltung „Visitentraining 1“ mit Simulationspatient*innen (SP) neben Anamnesegesprächen und körperlichen Untersuchungen auch den Umgang mit kommunikativen Herausforderungen trainieren.
Projektbeschreibung: „Visitentraining 1“ ist eine zweitägige curriculare Lehrveranstaltung im Rahmen des Medical Skills Lab für das gesamte 1. klinische Semester. Im Wintersemester 24/25 haben 144 Studierende teilgenommen. Die Lernziele bestehen darin, dass die Studierenden eine umfassende Anamnese und körperliche Untersuchung mit besonderer Beachtung der aktuellen Beschwerdesymptomatik demonstrieren sowie professionell mit kommunikativen Herausforderungen (u.a. Schwerhörigkeit, leichte Demenz oder Dialekte) umgehen. Im Wintersemester 24/25 wurde außerdem erstmalig das Thema „Sprachbarriere“ pilotiert, indem SP mit unterschiedlichen Erstsprachen (Arabisch, Koreanisch, Schwedisch, Tschechisch, Vietnamesisch) in Begleitung von professionellen Dolmetscher*innen eingesetzt wurden. Insgesamt fanden 144 Simulationen statt, 36 davon mit Sprachbarriere und Dolmetscher*innen-Beteiligung. Jede*r Studierende hat eine Simulation mit Sprachbarriere gesehen oder selbst durchgeführt. Vorbereitend wurden alle Beteiligten (Tutor*innen, SP, Dolmetscher*innen und Studierende) in Präsenz bzw. über eLearning zum simulationsbasierten Training und der professionellen Zusammenarbeit mit Dolmetschenden geschult.
Reflexion: Die Lehrveranstaltung stieß bei allen Beteiligten auf positive Resonanz, insbesondere betont wurde der realitätsnahe Praxisbezug. Gleichzeitig vermied die intensive Vorbereitung eine Überforderung der Studierenden. Als wertvoll erwies sich die Entscheidung, das Feedback der SP und der Dolmetschenden auf Deutsch durchzuführen, da die konstruktive Kritik direkt an die Studierenden übermittelt und von diesen unmittelbar aufgenommen werden konnte. Zudem unterstützte der Sprachwechsel die Distanz zwischen den dargestellten Patient*innen und den SP. Eine Herausforderung für die SP bestand darin, dass sie als bilinguale Personen die Redebeiträge der Studierenden verstehen konnten, allerdings simulieren mussten, auf die Dolmetscher*innen angewiesen zu sein. Durch die Schulung und den bewussten Umgang damit konnte diese Aufgabe von allen SP gut gemeistert werden. Die reflektierte Auswahl der Sprachen und der Verzicht auf häufige Sprachen (z.B. Französisch, Englisch) konnte verhindern, dass Studierende Kompetenzen in diesen Sprachen aufweisen und somit das Lernziel eines professionellen Umgangs mit Dolmetschenden verfehlen. Der finanzielle und organisatorische Mehraufwand durch die Beschäftigung professioneller Dolmetschenden sowie die zusätzliche Schulung aller Beteiligten war lohnend, da eine professionelle und wertschätzende Arbeitsatmosphäre und eine qualitativ hochwertige interprofessionelle Zusammenarbeit ermöglicht wurde.
Ausblick: Die positiven Rückmeldungen und die Relevanz für die Patient*innensicherheit [2] motivieren zur Fortführung und Weiterentwicklung der Lehrveranstaltung. Die gezielte Auswahl von Sprachen und Kulturen soll beibehalten und die Zusammenarbeit mit Profi-Dolmetschenden verstetigt werden, um das hohe Niveau der Ausbildung zu gewährleisten. Darüber hinaus ist eine wissenschaftliche Auswertung der Lehrveranstaltung geplant.