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19. Internationales SkillsLab Symposium 2025

19.03. - 21.03.2025, Munich

Pilotierung des Hausärztlichen Undercover-Simulationstrainings – ein Praxisbericht

Meeting Abstract

  • corresponding author Johannes Gorkotte - Uniklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • Veronika Dannhardt-Thiem - Uniklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • Bettina Engel - Uniklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland
  • Thomas Kühlein - Uniklinikum Erlangen, Erlangen, Deutschland

19. Internationales SkillsLab Symposium 2025. München, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25isls11

doi: 10.3205/25isls11, urn:nbn:de:0183-25isls114

Published: June 4, 2025

© 2025 Gorkotte et al.
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Text

Wo Entscheidungen in der Medizin nicht eindeutig ausfallen, spielt die Risikokommunikation im Rahmen der partizipativen Entscheidungsfindung eine besondere Rolle. Nutzen und Schaden werden kommuniziert und unter Zuhilfenahme ärztlicher Expertise führen das individuelle Dilemma und die Präferenzen der Patient*innen zur evidenzbasierten Medizin. Gerade Entscheidungen, die eine Gratwanderung darstellen, erfordern einen geübten Umgang mit Unsicherheiten sowohl auf ärztlicher als auch Patient*innenseite. Zur Lehre der Anwendung Evidenz-basierter Medizin wird die Methode der Simulation empfohlen [1]. Wissen Studierende in der Übung jedoch, dass es sich um eine Simulation mit Simulationspersonen (SP) handelt, provoziert dies möglicherweise nicht die gleiche Unsicherheit und erfordert nicht die gleiche Entschlossenheit für ihr ärztliches Handeln, als würden sie einer (vermeintlich) echten Patient*in gegenüberstehen.

Im Rahmen des klinischen Wahlpflichtfachs „Hausärztliches Undercover-Simulationstraining“ übten im Wintersemester 2024/25 erstmals Humanmedizin-Studierende der FAU Erlangen-Nürnberg mit SPs und echten Patient*innen komplette hausärztliche Konsultationen, wobei den Teilnehmenden bis zur Entblindung nach der Konsultation unbekannt war, wann sie auf SPs treffen würden (Undercover-Simulation). Die Undercover-Simulations-Übungen fanden im Anschluss an die reguläre, hausärztliche Patient*innenversorgung im MVZ Eckental des Uniklinikums Erlangen statt, wo ein System für Audio-Video-Feedback verbaut ist. Während der Szenarien befand sich nur eine aktive Medizinstudierende im Sprechzimmer. Die beobachtenden Studierenden konnten über die Audio-Video-Übertragung folgen. Durchgeführt wurde die Lehrveranstaltung von einem ärztlichen Mitarbeiter des Instituts und des MVZ unterstützt von zwei studentischen Hilfskräften.

Im Sinne des Inverted-Classroom erhalten die Studierenden zur Vorbereitung asynchron online umfangreiches Material. Dieses wurde als Open Educational Ressource auch der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Didaktischer Hintergedanke ist hier wie auch vom Versorgungsreport 2023 des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) gefordert eine Steigerung der Leitlinienkompetenz: „Dazu sollen in Leitlinien Inhalte markiert werden, die für Studierende relevant sein können.“ [2]

Dadurch werden die Studierenden in den Themengebieten auf einen Wissensstand gehoben, der mindestens dem zu Beginn der Weiterbildung entsprechen dürfte.

Die Pilotierung der Undercover-Simulation brachte eigene Hindernisse und Möglichkeiten hervor. Sie beeinflusste gegenüber früheren Durchführungen als reguläre Simulation ausschließlich mit Simulationspersonen die Auswahl der Patient*innenfälle in anderer Art und Weise. Die Lehrveranstaltung erwies sich als durchführbar und die Studierenden empfanden die Methode als gewinnbringend. Das standardisierte Messinstrument für partizipative Entscheidungsfindung (OPTION 5) [3] erwies sich als eingeschränkt brauchbar. Die Implementierung und Verstetigung erfordert ärztliche Unterstützung in der Präsenz. Auch in der Vorbereitung in der Praxis sind ärztliche und didaktische Expertise erforderlich.

Unklar ist noch, inwiefern die Undercover-Simulation zur erlebten Unsicherheit und angestrebten Entschlossenheit für medizinische Entscheidungen beiträgt. Weitere Bemühungen sind auch notwendig, um zu eruieren, wie nachhaltig Inhalte der Evidenz-basierten Medizin so vermittelt werden können.


Literatur

1.
Steckelberg A, Siebolds M, Lühmann D, Weberschock T, Strametz R, Weingart O, Albrecht M, Braun C, Balzer K. Kerncurriculum Basismodul Evidenzbasierte Entscheidungsfindung: Fachbereich EbM in Aus-Weiter-und Fortbildung. Berlin: Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin e.V.; 2017. Zugänglich unter/available from: https://www.ebm-netzwerk.de/de/medien/pdf/ebm-kerncurriculum.pdf External link
2.
Jünger J. Professionsentwicklung: Wie kommen Leitlinien stärker in die medzinische Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung? In: Günster C, Klauber J, Klemperer D, Nothacker M, Robra BP, Schmuker C, editors. Versorgungs-Report Leitlinien: Evidenz für die Praxis. Berlin: MWV Medizinisch Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft; 2023. DOI: 10.32745/9783954668007-14/ External link
3.
Elwyn G, Tsulukidze M, Edwards A, Légaré F, Newcombe R. Using a ‘talk’ model of shared decision making to propose an observation-based measure: Observer OPTION5 Item. Patient Educ Couns. 2013;93(2):265-271. DOI: 10.1016/j.pec.2013.08.005 External link