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19. Internationales SkillsLab Symposium 2025

19.03. - 21.03.2025, Munich

Kommunikation mit Angehörigen auf der Intensivstation: Ein praxisorientiertes Tutorium

Meeting Abstract

  • Eva Ackstaller - UMG Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
  • Mona Hartmann - UMG Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland
  • corresponding author Joshua Heißenberg - UMG Universitätsmedizin Göttingen, Göttingen, Deutschland

19. Internationales SkillsLab Symposium 2025. München, 19.-21.03.2025. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2025. Doc25isls06

doi: 10.3205/25isls06, urn:nbn:de:0183-25isls061

Published: June 4, 2025

© 2025 Ackstaller et al.
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Text

Hintergrund: Im ärztlichen Arbeitsalltag spielt die Kommunikation mit Angehörigen eine zentrale Rolle, insbesondere auf der Intensivstation. Dort befinden sich Angehörige in einer Ausnahmesituation, da sie aufgrund der teils lebensbedrohlichen Erkrankung der Patient*innen häufig stellvertretend Entscheidungen treffen müssen und emotional stark belastet sind. Angehörige in diesen Situationen empathisch zu begleiten, nicht zuletzt um partizipativ patient*innenorientierte Entscheidungen treffen zu können, ist eine Kompetenz, die von Ärzt*innen erwartet wird [https://nklm.de/zend/menu]. Jedoch enthalten ein Drittel der Gespräche keine empathischen Äußerungen [1] und über die Hälfte der Angehörigen auf der Intensivstation verstehen die Diagnose, Prognose oder Behandlung nicht [2]. Daher wurde von studentischen Tutor*innen (Studentisches Trainingszentrum ärztlicher Praxis (STÄPS), UMG) gemeinsam mit Psychologiestudierenden ein Tutorium zur praktischen Schulung der „Kommunikation mit Angehörigen auf der Intensivstation“ (KAI) etabliert.

Ziel: Das Ziel des Tutoriums ist die praxisorientierte Handlungskompetenz in der Kommunikation mit Angehörigen zu fördern. In einem geschützten Lernumfeld können Studierende ihre Kommunikationsfähigkeiten in herausfordernden Gesprächen gezielt verbessern.

Methodik: Das praxisorientierte, dreistündige Tutorium wurde von zwei Masterabsolvierenden konzipiert und durch das interprofessionelle Tutor*innenteam (Humanmedizin & Psychologie) unter ärztlicher und didaktischer Supervision dauerhaft etabliert. Es besteht aus zwei unabhängigen Modulen, in welchen zunächst theoretische Impulse zu kommunikativen Fähigkeiten gegeben werden. Anschließend werden im Lehrhospital je vier Fallbeispiele von der Intensivstation simuliert. Dabei führen die Teilnehmenden mit geschulten Simulationspersonen Angehörigengespräche, die von der Kleingruppe (maximal vier Personen) mit vordefinierten Beobachtungsaufträgen verfolgt werden. Nachfolgend moderieren die Tutor*innen das Feedback der Simulationspersonen sowie der Peers und leiten eine abschließende Reflexion der Rollenspiele mit allen Teilnehmenden. Die Evaluation des Tutoriums erfolgte anhand von Fragebögen mit Likert-Skalen zur Prä-Post-Analyse sowie Freitextangaben.

Ergebnisse: Die Prä-Post-Analysen des Tutoriums (n=26, Sommersemester 2022) zeigen, dass die Teilnahme zu einer signifikanten Verbesserung der Selbsteinschätzung kommunikativer Fertigkeiten führte (MPrä=42.19, MPost=53.31) (F(1, 23.17)=55.28, p=<.001). Zudem berichteten die Teilnehmenden von einer spürbaren Stressreduktion in Gesprächssituationen (MPrä=12.19; MPost=10.42) (F(1, 22.38)=14.86, p=<.001). Das Training wurde von den Teilnehmenden als sehr relevant für die spätere ärztliche Tätigkeit beschrieben, mit dem Wunsch, es dauerhaft ins Curriculum der UMG zu integrieren.

Relevanz: Eine verständliche und empathische Informationsvermittlung trägt bei Angehörigen zu einem besseren Verständnis von Diagnose, Prognose und Behandlung bei und steigert die Zufriedenheit der Angehörigen. Daher sind geeignete Techniken und praktische Erfahrungen für eine erfolgreiche Umsetzung unverzichtbar. Die statistische Auswertung zeigt, dass das Kommunikationstraining den Studierenden nicht nur hilft, Informationen verständlich zu vermitteln, sondern sie auch befähigt, Angehörige durch empathische Gesprächsführung emotional zu entlasten.

Schlussfolgerungen: Die Teilnahme am Tutorium steigert die Handlungssicherheit der Studierenden im Bereich der Kommunikation mit Angehörigen und reduziert den subjektiven Stress signifikant. Das Tutorium zeichnet sich neben der Erfolgsrate durch eine hohe Akzeptanz, Praxisbezug und didaktische Wirksamkeit aus und bietet ein wertvolles Vorbild für eine standortübergreifende Integration in die medizinische Ausbildung.


Literatur

1.
Selph RB, Shiang J, Engelberg R, Curtis JR, White DB. Empathy and life support decisions in intensive care units. J Gen Intern Med. 2008;23(9):1311-1317. DOI: 10.1007/s11606-008-0643-8 External link
2.
Azoulay E, Chevret S, Leleu G, Pochard F, Barboteu M, Adrie C, Canoui P, Le Gal JR, Schlemmer B. Half the families of intensive care unit patients experience inadequate communication with physicians. Crit Care Med. 2000;28(8):3044-3049. DOI: 10.1097/00003246-200008000-00061 External link