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6. Wissenschaftlicher Kongress "Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft"

Institut für Allgemeinmedizin (ifam), UKD, Düsseldorf

11. Mai 2022, Düsseldorf

(Un)versichert? – Versorgungssituation von Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz

Meeting Abstract

  • Jacqueline Warth - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Düsseldorf
  • Milena Kriegsmann-Rabe - Institut für Allgemeinmedizin (ifam), Düsseldorf
  • Lena Böckenholdt - Anonymer Krankenschein Bonn e.V., Bonn
  • Ricard Köllges - Anonymer Krankenschein Bonn e.V., Bonn

Institut für Allgemeinmedizin (ifam), UKD, Düsseldorf. 6. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Düsseldorf, 11.-11.05.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ifam11

doi: 10.3205/22ifam11, urn:nbn:de:0183-22ifam111

Published: April 22, 2022

© 2022 Warth et al.
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Text

Hintergrund: Trotz einer allgemeinen Krankenversicherungspflicht in Deutschland seit dem Jahr 2009 lebt eine Vielzahl von Menschen in Deutschland ohne bzw. mit eingeschränktem Krankenversicherungsschutz. Zu den Betroffenen zählen wohnungslose Menschen, Bürger:innen aus den Staaten der Europäischen Union, Menschen ohne Papiere oder Asylsuchende ebenso wie Krankenversicherte mit Beitragsschulden bei der Krankenkasse. Die Möglichkeiten, im Krankheitsfall ambulante und stationäre medizinische Versorgung zu erhalten, sind u.a. aus finanziellen und rechtlichen Gründen begrenzt. In Deutschland liegen wenig Kenntnisse über die Lebensumstände von Betroffenen sowie Ursachen und mögliche Folgen einer fehlenden Krankenversicherung vor.

Forschungsprojekt ‚MoveCitizenS‘: Das partizipative Forschungsprojekt umfasst eine anonyme Querschnittsbefragung von nicht bzw. eingeschränkt krankenversicherten Patient:innen. Befragt werden volljährige Patient:innen (n=300), die über einen Zeitraum von 9 Monaten eine gemeinnützige Beratungs- und Vermittlungsstelle für medizinische Versorgung am Standort Bonn aufsuchen. Gemeinsam mit bürgerwissenschaftlichen Co-Forschenden und Vertreter:innen der Zivilgesellschaft wird ein mehrsprachiger Patient:innenfragebogen entwickelt. Anhand von repräsentativen Gesundheitsdaten der Bevölkerung (GEDA 2014/2015-EHIS) wird das Zusammenspiel von Krankenversicherungsstatus, subjektiver Gesundheit und Inanspruchnahme medizinischer Leistungen untersucht.

Diskussion: Im Rahmen des Forschungsprojektes wird die Untersuchung des Status quo der Gesundheit und der medizinischen Versorgungslage von Menschen ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz ermöglicht. Ein vertieftes Verständnis der Lebensumstände von Betroffenen und der Ursachen für den Krankenversicherungsstatus dient als empirische Grundlage, um Bausteine für ein patient:innenzentriertes Versorgungsmodell zu identifizieren, das empirisch begründete Vorschläge zur Verbesserung der Versorgungssituation umfasst. Ausgehend von internationalen Befunden ist anzunehmen, dass ein mangelnder Krankenversicherungsschutz für betroffene Patient:innen selbst, ebenso wie deren Angehörige (z.B. Kinder, Partner:innen) erheblichen Einfluss auf die psychische und physische Gesundheit sowie Prävention, Diagnose und Behandlung gesundheitlicher Beschwerden nehmen kann. In der primärärztlichen Betreuung und Begleitung von Patient:innen kann die verstärkte Aufmerksamkeit für einen mangelnden Krankenversicherungsschutz innerhalb einer Familie einen wesentlichen Beitrag leisten, um Problemlagen zu identifizieren und Zugang zu verfügbaren Versorgungsangeboten zu ermöglichen.


Literatur

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