gms | German Medical Science

6. Wissenschaftlicher Kongress "Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft"

Institut für Allgemeinmedizin (ifam), UKD, Düsseldorf

11. Mai 2022, Düsseldorf

PORT-Gesundheitszentren zur Primär- und Langzeitversorgung am Beispiel des Hausarztzentrums Brüggen und dem MVZ Hausärzte Schwalm Nette GmbH

Meeting Abstract

Search Medline for

  • Johann Heinrich Arens - Hausarztzentrum Brüggen und MVZ Hausärzte Schwalm Nette GmbH, Brüggen

Institut für Allgemeinmedizin (ifam), UKD, Düsseldorf. 6. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Düsseldorf, 11.-11.05.2022. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2022. Doc22ifam03

doi: 10.3205/22ifam03, urn:nbn:de:0183-22ifam035

Published: April 22, 2022

© 2022 Arens.
This is an Open Access article distributed under the terms of the Creative Commons Attribution 4.0 License. See license information at http://creativecommons.org/licenses/by/4.0/.


Outline

Text

Wir sind ein allgemeinmedizinisches Versorgungszentrum mit über 100-jähriger Tradition in der Region. Auf dem Weg zu innovativen, umfassenden und exzellenten Gesundheitszentren zur Primär- und Langzeitversorgung in unserer Region verstehen wir uns als Sicherer der hausärztlich-familienmedizinischen Versorgung unter den Bedingungen schwindender Arztzahlen und schwindender Zahlen in den Pflegeberufen bei gleichzeitig steigendem Versorgungsdruck wegen der demografischen Entwicklung und des ständig wachsenden medizinischen Wissens (Community Health Center Ansatz). Diese Entwicklung wird seit 2018 durch die Robert Bosch Stiftung PORT unterstützt.

Wir arbeiten an zwei großen und zwei kleineren Standorten in insgesamt drei Gemeinden, die räumlich zusammenliegen, und versorgen dort derzeit ca. 15.000 Patienten pro Quartal. So haben wir beispielsweise 54.338 Covid-Impfungen durchgeführt und machen jährlich ca. 4.000 Grippeimpfungen. Von den von uns versorgten Patienten sind etwa 1.200 zwischen 70 und 79 Jahre alt und 1.533 über 80 Jahre alt. Unser Team besteht aus 12 Ärzten, 60 MFA, je 1 Diabetes-Assistenten, Wundmanager, Sozialarbeiter, Gesundheits- und Krankenpfleger, IT-Fachkraft, Case Manager, GeriNurse, PainNurse.

Zu den vertraglichen Kooperationspartnern gehören: Pflegeheime, Apotheke, Sanitätshaus, Pflegedienst, Hospizdienst, Ergo-, Physio- und Logotherapie, ein Seminarraum, ärztliche Kooperation (Onkologie, Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Pädiatrie, Neurologie, Radiologie, Krankenhaus). Es bestehen gute Beziehungen zu den Stakeholdern in der (regionalen) Politik.

Am Beispiel des Managements geriatrischer Patienten, unserem Schwerpunkt, lässt sich die interprofessionelle Arbeit gut aufzeigen. Hinweise aus dem Kreis der ärztlichen Mitarbeiter, der MFA sowie aus der Analyse unserer Daten dahingehend, wann zuletzt ein persönlicher Kontakt mit der Praxis bestand, ergab: 292 hochbetagte Patienten wurden zu Hause aufgesucht und durch die Case Managerin, die Community Health Nurse oder beide gemeinsam untersucht.

Dabei gab es zunächst eine Eingangsuntersuchung mittels Angelina Screening Bogen, welche entweder von der Person selber, den Angehörigen oder durch Befragung ausgefüllt wurde. Aufgrund der dort gefundenen pathologischen Items waren weitere spezifizierende Tests angezeigt, z. B. 251-mal der Timed Up and Go Test wegen eingeschränkter Mobilität oder 244-mal die Geriatrische Depressions-Skala (GDS) bei depressiver Entwicklung etc. Auffällig ist die hohe Zahl an Schmerzprotokollen (n=223), Sturzprotokollen (n=292) etc. Basierend auf diesen Ergebnissen haben die entsprechenden Teammitglieder 171 Pflegegradbestimmungen angeregt, 40-mal eine Patientenverfügung und Vollmacht erarbeitet, es wurden 80 Anträge auf Zuzahlungsbefreiung gestellt, dreimal kam es zu Anträgen zur Wohnumfeldverbesserung, 14-mal wurde Kurzzeit- oder Verhinderungspflege beantragt, 101-mal wurden hauswirtschaftliche Hilfen vermittelt. 100-mal erfolgte eine Erstüberweisung wegen Dementieller Entwicklung.

Alle oben genannten Ergebnisse werden in das dazu entwickelte Fallplanungsprotokoll überführt, welches die Basis für die Fallbesprechungen zwischen Ärzten und nicht ärztlich Tätigen darstellt. In den Fallbesprechungen werden dann die pflegerischen, sozialen, hauswirtschaftlichen und ärztlichen Maßnahmen im Team besprochen und festgelegt. Die Case Managerin setzt den Plan dann auch mit externen Kooperationspartnern um, z. B. mit weiteren an das Hausarztzentrum Brüggen assoziierten Diensten wie Jedermannhilfe, Fahrdienst, Familienhilfe. Folge-, Besuchs- und Kontrolltermine werden festgelegt und von der Case Managerin oder der Community Health Nurse (CHN) autonom durchgeführt.

So können wir neben dem Einüben interprofessioneller Zusammenarbeit im Team auch zeigen, dass es einen großen Bedarf an pflegerischer und sozialer Versorgung gibt, der anders nicht aufgedeckt würde und ohne Intervention zur Verschlimmerung des Pflegegrades und Verlust der Autonomie des Patienten führen kann. Dies untersuchen wir zurzeit in einer Seminararbeit und möchten eine Masterarbeit dazu (CHN) initiieren.

Förderung: Das Hausarztzentrum Brüggen wird gefördert durch die Robert-Bosch-Stiftung „PORT“ – Patientenorientierte Zentren zur Primär- und Langzeitversorgung.


Literatur

1.
Robert Bosch Stiftung, Hrsg. Vom PORT-Gesundheitszentrum zur regionalen Primärversorgung. Stuttgart; 2020.
2.
Robert Bosch Stiftung, Hrsg. Vision und Umsetzung eines PORT-Gesundheitszentrums. Stuttgart; 2020.
3.
Scholz L, Schimböck F, Spallek J. Community Child Health Nursing: Ein Konzept für Deutschland? Public Health Forum. 2021;29(3):209-12.