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7. Wissenschaftlicher Kongress "Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft"

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke

11. November 2023, Witten

Gesundheitsversorgung von ukrainischen Geflüchteten in der hausärztlichen Praxis: Erfahrungen und Bedarfe von Geflüchteten in Deutschland (RefUGe-P)

Meeting Abstract

  • presenting/speaker Kristin Rolke - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Johanna Walter - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Eva Münster - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Klaus Weckbecker - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke
  • Judith Tillmann - Lehrstuhl für Allgemeinmedizin I und Interprofessionelle Versorgung, Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke

Institut für Allgemeinmedizin und Ambulante Gesundheitsversorgung (iamag), Universität Witten/Herdecke. 7. Wissenschaftlicher Kongress „Familienmedizin in der hausärztlichen Versorgung der Zukunft“. Witten, 11.-11.11.2023. Düsseldorf: German Medical Science GMS Publishing House; 2023. Doc23iamag04

doi: 10.3205/23iamag04, urn:nbn:de:0183-23iamag041

Published: November 8, 2023

© 2023 Rolke et al.
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Text

Hintergrund: Seit dem Kriegsbeginn in der Ukraine im Jahr 2022 sind über 7,6 Millionen Menschen aus der Ukraine in europäischen Staaten als Geflüchtete registriert. In Deutschland sind dies über 1 Millionen Kriegsgeflüchtete. Geflüchtete Menschen aus der Ukraine erhalten vorübergehenden Schutz in der Europäischen Union für bis zu drei Jahre. Somit haben sie Anspruch auf medizinische Versorgung. Sowohl Hausärzt*innen als auch Patient*innen wurden auf den Kontakt jedoch kaum vorbereitet.

Fragestellung: Welche Erfahrungen haben Geflüchtete aus der Ukraine mit dem deutschen Gesundheitssystem und der hausärztlichen Versorgung gemacht? Wurden Barrieren und Förderfaktoren wahrgenommen? Zusätzlich werden Informations- und Unterstützungsbedarfe erfasst.

Methoden: Es wurden 10 leitfadengestützte Einzelinterviews auf Englisch, Deutsch und Ukrainisch mit Geflüchteten geführt, die bereits Kontakt mit dem deutschen primärärztlichen Gesundheitssystem hatten. Die tontechnisch aufgezeichneten Interviews wurden transkribiert und inhaltsanalytisch nach Kuckartz mit induktiven und deduktiven Verfahren zur Kategorienbildung mittels der Software MAXQDA ausgewertet. Ein Expert*innenbeirat begleitet das Projekt.

Ergebnisse: Die Interviewten haben hausärztliche Praxen sowie weitere verschiedene Fachärzt*innen in Deutschland aufgesucht und berichteten von guten Erfahrungen und einer hohen Zufriedenheit mit der medizinischen Versorgung in Deutschland. Als unterstützender und positiv wahrgenommener Faktor im Arztbesuch wurde häufig die gründliche, genaue und professionelle Behandlung in Deutschland genannt, sowohl in Kliniken als auch in hausärztlichen Praxen. Weiterhin erwies sich die Unterstützung durch Dolmetschende im Arztgespräch und auch schon vorab bei der Terminvereinbarung für die Geflüchteten als hilfreich. Barrieren traten u.a. in Bezug auf die Kommunikation und langen Wartezeiten sowie die hohe Auslastung der Praxen auf.

Diskussion: Die Begleitung von Dolmetscher*innen und anderen Professionen wie z.B. Sozialarbeiter*innen ist insbesondere zu Beginn des Aufenthalts in Deutschland sehr wichtig, um die Geflüchteten im Gesundheitssystem zu unterstützen. Dies gilt ebenso für die Bereitstellung von offiziellen Informationen zum deutschen Krankenversicherungssystem. Hausärzt*innen sind häufig erster Kontakt mit dem Gesundheitssystem; wichtige Informationen können Geflüchtete dort erreichen.

Take Home Message: Die interviewten Geflüchteten berichteten von professioneller und genauer medizinischer Behandlung in Deutschland und den Vorteilen der Krankenversicherung. Eine Sensibilisierung der Professionellen für die Bedarfe der Geflüchteten, umfassende Informationsweitergabe zum Thema Gesundheitsversorgung für Geflüchtete sowie eine flächendeckende Installierung von Dolmetscherpools können Barrieren schmälern.