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Partizipative Gesundheitsforschung aktiv gestalten: Simulation und kritische Reflexion eines partizipativen Gruppendelphis anhand des Projekts „Orientierungskompass zur Übermittlung schwerwiegender Nachrichten in der Kinderonkologie“
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Published: | September 6, 2024 |
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Die aktive Beteiligung von der an der Forschung, Erprobung oder Implementierung von Gesundheitsprojekten beteiligten Bevölkerungsgruppen wird zunehmend auch in Deutschland als elementarer Bestandteil der Forschung angesehen und von Förderinstitutionen gefordert. Zugleich wird die projektbegleitende Partizipation unterschiedlicher Beteiligter insbesondere von Wissenschaftler:innen in Forschungsprojekten als anspruchsvoll oder herausfordernd empfunden.
Partizipative Gesundheitsforschung (PGF) ist ein Forschungsansatz, welcher Beteiligung während des gesamten Forschungsprozesses intensiv adressiert [1]. PGF-Ziele sind: (1) kokreative Generierung neuen Wissens, (2) Initiierung von Veränderungsprozessen, sowie (3) Stärkung der am Forschungsprozess beteiligten Personen. Im deutschsprachigen Raum wird PGF maßgeblich durch das Netzwerk für Partizipative Gesundheitsforschung (PartNet) forciert.
Ziele des Workshops sind die Teilnehmenden zur Anwendung partizipativer Forschung zu ermutigen sowie diese durch die Simulation zu befähigen partizipative Projekte durchzuführen. Der Workshop wird durch die AG Partizipative Gesundheitsforschung (Fachbereich ÖGD und PH) eingereicht.
Um den partizipativen Ansatz in der praktischen Umsetzung mit seinen unterschiedlichen Instrumenten und Herausforderungen konkret kennen und nutzen zu lernen, wird das Projekt „OKRA - Orientierungskompass zur Übermittlung schwerwiegender Nachrichten in der Kinderonkologie“ beispielhaft verwendet. OKRA verfolgt das Ziel, Praktiker:innen (z.B. Ärzt:innen, Therapeut:innen und Pflegekräfte) auf schwerwiegenden Gespräche (BBN - Breaking Bad News), wie etwa die einer Krebsdiagnose, im Trialog mit den an Krebs erkrankten Kindern und deren Angehörige umfänglich vorzubereiten, systematisch umzusetzen und nachzubereiten. Dies geschieht mittels eines Orientierungskompasses, welcher innerhalb dieses Projektes partizipativ entwickelt und erprobt wird. Hierbei sind vier Gruppen kontinuierlich beteiligt: (1) Expert:innen in eigener Sache (Vertretende der BBN-empfangenden Kinder und deren Eltern), (2) medizinisch Versorgende (BBN-übermittelnde der kinderonkologischen Teams) sowie Vertretende nationaler Fachgesellschaften, (3) psychosozial Unterstützende (z.B. Beratende, Begleitende und Nachsorgende) und (4) Wissenschaftler:innen.
Der Workshop wird in vier Teile gegliedert:
PGF, das Netzwerk PartNet sowie die Einbettung im deutschsprachigen Raum werden vorgestellt.
Das Forschungsprojekt OKRA wird skizziert, wobei ein besonderes Augenmerk auf die Phase des hier verwendeten partizipativ Gruppendelphi gelegt wird. Methodologisch handelt es sich um ein innovatives, dynamisches Konsensusverfahren [2]. Es wurde im Zeitraum 11/2023-02/2024 deutschlandweit umgesetzt, um multiperspektivisches Wissen über die Bedarfe für Orientierungskompass zu gewinnen. Interviews, Fokusgruppendiskussionen und Befragungen wurden durchgeführt, um gemeinsam Wissen zu generieren, BBN-Thesen zu konsentieren sowie zu gewichten.
Kernstück des Workshops bildet die Simulation eines „Mini-Gruppendelphis“, in welcher die Teilnehmenden drei Delphi-Runden (Partnerinterview, Gruppendiskussion und Gewichtung) als Co-Forschende [3] aktiv erleben und gestalten.
Mit den Workshop-Teilnehmenden wird der gemeinsam erlebte Prozess kritisch reflektiert sowie Handlungsempfehlungen für die Durchführung von partizipativen Gruppendelphis zusammengetragen. Ergänzt werden diese mit den tatsächlichen Partizipationserfahrungen der unterschiedlichen OKRA-Teilnehmendengruppen.
Da die Partizipierenden des Workshops die Rolle der Co-Forschenden [3] inne haben werden, können sie eine individuelle Erfahrungsperspektive erlangen, wie die o.g. PGF-Ziel schrittweise erreicht werden und sich positiv auf das Forschungsergebnis und eine mögliche Akzeptanz auswirken können.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.
Literatur
- 1.
- Wright MT. Was ist Partizipative Gesundheitsforschung? Präv Gesundheitsf. 2013;8(3):122-131. DOI: 10.1007/s11553-013-0395-0
- 2.
- Niederberger M, Renn O. Das Gruppendelphi-Verfahren: Vom Konzept Zur Anwendung. Springer VS; 2018.
- 3.
- Kümpers S, Brandes S, Gebhardt B, Kühnemund C. Rollen und Rollendynamiken in der partizipativen Forschungsgemeinschaft. Bundesgesundheitsbl. 2021;64:156–162. DOI: 10.1007/s00103-020-03272-y