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Herausforderungen und Lösungsansätze beim Datenlinkage in Versorgungs-(epidemiologischen) Studien
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Published: | September 6, 2024 |
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Workshop-Organisator:innen: Prof. Dr. Enno Swart, Dr. Peter Ihle, Prof. Dr. Holger Gothe, Prof. Dr. Stefanie March, Prof. Dr. Falk Hoffmann
Einladende Organisationen: Arbeitsgruppe Erhebung und Nutzung von Sekundärdaten (AGENS) der DGSMP und der DGEpi, Arbeitsgruppe Validierung und Linkage von Sekundärdaten des Deutschen Netzwerks Versorgungsforschung (DNVF)
Inhalt: Datenlinkage zwischen Primär- und Sekundärdaten bzw. zwischen Sekundärdaten verschiedener Dateneigner wird zunehmend als methodischer Baustein in (versorgungs-)epidemiologischen Studien gewählt. Aus zahlreichen Studien liegen dazu inzwischen Erfahrungen vor, ebenso gibt es mit der Guten Praxis Datenlinkage einen spezifischen methodischen Standard. Gleichwohl stehen individuelle Projekte oftmals vor neuen datenschutzrechtlichen, organisatorischen und methodischen Herausforderungen. Darüber wird zunächst aus drei aktuellen Projekten berichtet.
In der NAKO Gesundheitsstudie werden seit 2013 alle Teilnehmer:innen um ihre Einwilligung zur Einholung von Gesundheits- und Sozialdaten sowie deren Fragestellung-bezogene Verknüpfung mit ihren Studiendaten gebeten. Mit diesen Daten wird in der NAKO-Studiendatenbank ein mehrjähriges passives Follow-up ermöglicht. Die Verlinkung der Daten verlangt allerdings spezielle Ausführungen bei Einholung der Einwilligung (ggf. plus Schweigepflichtentbindung) und Beachtung gesetzlicher Regelungen. Der inhaltliche Zugewinn durch die Erschließung ergänzender Gesundheits- und Sozialdaten hängt entscheidend davon ab, inwieweit die Einwilligung dazu unbefristet vorliegt. Diese ist derzeit bei einem erheblich Anteil der Teilnehmer:innen nicht gegeben und muss aufwändig neu eingeholt werden.
In der Innofonds-geförderten AVENIR-Studie sollen Ansatzpunkte zur Verbesserung der Versorgung von Sepsispatient:innen gefunden werden, unter anderem durch die Analyse von Versorgungspfaden von Patient:innen mit und nach Sepsiserkrankung. Dabei werden Rettungsdienst-Einsatzprotokolle von verschiedenen in der Notfallversorgung tätigen Organisationen mit Routinedaten der GKV verknüpft, um die Verläufe von Rettungsdiensteinsätzen sowie Outcomes der Patient:innen langfristig abbilden zu können. Bei der Umsetzung des Studienplans ergaben sich Herausforderungen bei der organisatorischen und rechtlichen Ausgestaltung der Zusammenarbeit sowie der konkreten Umsetzung des Datenlinkage bei regionalen (Rettungsdienst-)Dateneignern, die bislang keine bzw. unterschiedliche Erfahrungen mit Versorgungsforschungsprojekten besitzen. Zudem werden im Rahmen der praktischen Datenverknüpfung aufgrund des partiellen oder vollständigen Fehlens wichtiger Schlüsselvariablen (z. B. Krankenversichertennummer in Einsatzprotokollen) speziell angepasste Strategien angewandt.
Für die Mortalitätsevaluation des deutschen Mammographie-Screening-Programms werden GKV-Routinedaten verwendet, die für 40% der Bevölkerung ein Follow-up von 10+ Jahren ermöglichen. Da GKV-Routinedaten keine Todesursachen enthalten, wurden diese den pseudonymisierten Abrechnungsdaten mehrerer Kassen über Abgleiche mit drei Krebsregistern hinzugefügt. Herausforderungen waren das Fehlen eines eindeutigen Identifikationsmerkmals für Versicherte (gelöst durch die Verschlüsselung personen-identifizierender GKV-Daten nach Krebsregister-Methodik), die Harmonisierung und Qualitätsprüfung der Prozesse bei allen beteiligten Institutionen, und die Einholung aller erforderlichen Genehmigungen. Da Todesursachen nicht für alle Verstorbenen hinzugefügt werden konnten und die Trefferquoten der Abgleiche nach Region, Jahr und Alter variieren, wurde auf Basis der gelinkten Daten zudem ein deutschlandweit einsetzbarerer Todesursachenalgorithmus entwickelt.
Aus den Projektberichten werden in der Diskussion mit den Teilnehmer:innen Implikationen aus Erfahrungen mit Datenlinkage-Studien für zukünftige Studien diskutiert. Diese wird stimuliert durch einen Vortrag zu den aktuellen Bestrebungen einer erleichterten wissenschaftlichen Nutzung und Verlinkung von Sekundärdaten u.a. durch das Gesundheitsdatennutzungsgesetz und das im Aufbau befindliche Forschungsdatenzentrum Gesundheit.
Die Autoren geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.
Die Autoren geben an, dass ein positives Ethikvotum vorliegt.